Suche 

 

Motto  Schon Talleyrand mußte sich Überlegungen eines Zeitgenossen anhören,

  der über die Gründung einer zeitgemäßen, den Bedürfnissen der Gesellschaft

  angepassten Religion des höchsten Wesens räsonierte. Talleyrand antwortete:

  "Es gab einen bekannten Religionsstifter. Er predigte wenige Jahre, ließ sich

  kreuzigen und stand am dritten Tage wieder auf. Sie sollten etwas dieser Art

  zu tun versuchen."

  Robert Spaemann, Philosophische Essays, Stuttgart 2012, S. 229

 

        [X] >Neue Religion< des globalen Staates  -  Übersicht

         Textregister:  1/53, 6/5, 4/56, 7/6, 10/6, 6/9, 9/9, 6/10, 6/61, 1/62, 8/62, 9/12,

  3/13, 8/14, 5/66, 6/66, 10/66, 3/67, 4/67, 3/19, 10/20, 8/21, 2/73, 4/24,

  3/26, 2/78, 4/28, 8/28, 8/78, 10/28, 1/79, 4/29, 4/30, 8/80, 10/30,

  2/32, 9/82, 4/32, 8/83, 2/86, 5/36, 5/86, 4/38, 4/88, 8/40, 2/93, 10/93,

  6/94, 1/45, 2/46, 10/96, 6/98, 5/49, 8/100, Sz 1, Sz 19, Sz 49,

  VH (14), VH (27), VH (29), VH (30), VH (37)

         Die in der Übersicht rot markierten und unterstrichenen Fundstellen werden weiter unten kommentiert.

 

(1) Vorstufe 1: Der >neue Weise<, 4/31 [III], 1/30 Vz 2/3 (unbekannter Hafen

bietet seine Friedenskompetenz an sendet Friedenssignale aus)

als Zuflucht, als >Hafen<, den alle VH (27) (Hafen des Seestiers)

Staaten und Glaubensgemeinschaften 2/73 Vz 2 [VIII] (Hafen des Goldführers)

anlaufen können,  4/88 Vz 4 [V](Hafen des Erwählten)

was diese auch tun 9/32 Vz 4 (Hafen des Metellus)

 10/80 Vz 4 [VIII] (Hafen zerstört)

(2) Vorstufe 2: Verpflichtung der alten Glaubens- 9/9 Vz 1/2 [s.u.] (Feuer im Tempel der

gemeinschaften auf die >PAX ROMANA< Vestalinnen gefunden)

(entsprechend: den Weltfrieden) als 2/17 Vz 1 (Jungfrau als Vestalin)

gemeinsames >höheres Ziel<;  3/45 Vz 1 (Eintritt in den Vestatempel)

sie werden dadurch zu Dienern 5/66 (Unter vestalischen Gebäuden

des Kultes des globalen Regimes wird Trajan in Gold geprägt)

 10/6 Vz 4 [II], 4/35 Vz 1

 6/61 Vz 1 [XI] (große Tischdecke)

(3) Vorstufe 3: Der >neue Weise< und seine 4/30 Vz 2, 8/28 Vz 1, Sz 40 Vz 1/2

Anhänger wollen die Lehren der alten (>Aufblasen< oder >Vergrößern<

Religionen neu deuten, sie seien der alten Lehren)

philosophisch noch gar nicht  8/62 Vz 1, 8/83 Vz 4 (Ausplündern

richtig verstanden der alten Tempel)

 6/10 Vz 3 [s.u.] (Entwenden der

 Kirchen und Moscheen)

 9/09 Vz 3 (alte Lehren werden >gesiebt<)

(4) Gegenkräfte innerhalb der alten Glaubens- 10/85 Vz 1/2 (Begründer der Offen-

gemeinschaften erkennen in diesen barungsreligionen gefangen)

Vorgängen (Vorstufen 1, 2, 3) die 3/13 Vz 2 [XI] (zwei Gefangene)

Verschüttung ihrer Ursprünge, können 10/85 Vz 3/4 (zaghaft will man Christus

sich aber nicht durchsetzen von falschen Freunden befreien)

(5) Die >neue Religion< bleibt 4/28 Vz 2 (verborgene Form)

als Projekt einige Jahre geheim 2/78 Vz 4 (Übel verheimlicht)

diesbezügliche Gerüchte 4/30 Vz 4 [s.o.] (Geheimnis)

werden dementiert, 10/28 Vz 3/4 [III] (Falschmeldung)

das Politische steht im Vordergrund Sz 19 (Krokodil verbirgt sein

 Vorhaben >an Land<)

 

Die unter (1) bis (5) benannten Vorgänge finden statt in der Zeit der >Weltfriedensordnung< [VII].

Es treten Entwicklungslinien hervor, die zu der >neuen Religion< führen.  Wenn die alten Religionen

verboten werden und gleich danach die >neue Religion< verordnet wird, ist die Illusion des Welt-

friedens zerstoben;  dafür gibt N. das Bild:  >Das Amphitheater stürzt ein, wenn die Erde

[vom Donner des Bannstrahls] bebt<, 9/83 Vz 1/2 [XI].

 

(6) Die >neue Religion<

(a) gilt als neu, hat aber

keinen eigenen Ursprung 1/45 [VIII] (Der Erfinder)

(b) vermischt die alten Glaubensformen VH (29)  (Vermischung der Sprachen)

(= ist synkretistisch) 6/10 Vz 1/2, 5/36 Vz 1/2 [s.u.]

 4/24 Vz 4 [III] (die Unreinen)

(c) >verschmilzt< sie 3/13 Vz 1 [XI], 4/29 Vz 3, 6/9 Vz 3

(d) nimmt sie als Wortmaterial 8/62 Vz 1 (Plünderung der

ist am Geist nicht interessiert heiligen Tempel)

 8/80 Vz 3 (Wachs, nicht Honig)

(7) Die >neue Religion< steht in hohem VH (30) (breitet sich aus über die

Ansehen, hat gewaltigen Zulauf ganze Welt)

 9/12 Vz 1/4 (Diana und Merkur nur silbern,

 Formgeber mit Gold überschüttet)

 VH (27), 8/62 Vz 3, 8/21 Vz 3

 (verbreitete >Seuche<)

 8/83 Vz 1 (größtes Segel)

(8) wird >von oben< verordnet, 2/86 Vz 2, 2/47 Vz 3 [VII] (>Steine regnen<)

gleich nach dem Bann gegen Rom 2/93 Vz 2 [V] (Bann kurz v o r einer

 großen >Überschwemmung<)

wird >von oben< auch durchgesetzt 10/66 (Schottland mit Eis überzogen)

(9) will an die Stelle 10/20 Vz 2/3 [s.u.] (Altes soll vergessen

der alten Religionen treten, werden  d u r c h  große Nichtigkeit)

sie ersetzen und verdrängen, 6/10 [s.o.], 7/6, 2/46, 6/5, 3/19, 4/30 [s.o.]

 (>Hunger< und >Seuche< treten

 z u s a m m e n  auf)

sie begraben, 8/28 Vz 4 (auf dem Marmor Vorschriften eingefügt)

beansprucht Ausschließlichkeit 1/79 (Monopol)

 9/79 (Oberhaupt der Flotte bringt Furcht-

 same dazu, ihre Schiffe zu verlassen)

 4/32 Vz 1 [VII] (>Fleisch< weicht dem >Fisch<)

(10) setzt Philosophie an die Stelle der Religion, 1/62 (großer Verlust durch Gelehrtheit)

ist ein Glasperlenspiel mit den 8/100 Vz 3 (durch  S p i e l  geht Leben

Zeichen des Verlorenen verloren)

(11) lässt nur den irdischen Nutzen der Religion 4/56 Vz 1 [XI] (>tollwütige< Sprache)

gelten, 5/36 Vz 2 (>Mineral<)

ist also in Wahrheit keine Religion, 10/20 Vz 2/3 (große Nichtigkeit)

taugt geistig nur zum Fasten 10/28 Vz 3 [III], 4/32 Vz 1 [VII] (Fastenspeise)

(12) ist geistiges >Gift<, weil sie hehren  6/94 Vz 3 [VII] (Gift zuckersüß gefärbt)

Idealen verpflichtet zu sein scheint, aber

die Gottesbeziehung ihrer Anhänger entleert

(13) ist politische Ideologie, gibt dem 6/5 Vz 4 (nur politisches Gesetz gilt)

globalen Staat die ideologische 6/61 Vz 4 (kriegerischer Stand der

Rechtfertigung, seinen Frieden mit Glaubensfragen)

Machtmitteln durchzusetzen VH (43) militante Kirche

 Sz 49 (äußerstes >Heilmittel<

 [gegen den Krieg])

(14) will die >endgültige Religion< sein 10/20 Vz 3 [s.o.] (alte Religionen sollen

 ganz vergessen werden)

 10/71 (>Vereisung des Weltmeers<)

(15) lässt antike Kultpraktiken wieder aufleben 3/26, 10/74, 1/45 [VIII]

 

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

[X] >Neue Religion< des globalen Staates  - 

   eine Auswahl kommentierter Texte

(1) Vorstufe 1: Die Friedenskompetenz des >Wiedergekommenen< als >Hafen<,     den alle Glaubensgemeinschaften und Staaten anlaufen

       Ein unbekannter >Hafen< sendet Friedenssignale aus

 

 

01/30    La nef estrange par le tourment marin/

Abourdera pres de port incongneu,/

Nonobstant signes de rameau palmerin/

Apres mort, pille:  bon auis tard venu.  (1555)

 

Das fremde Schiff wird durch das Meeresunwetter hindurch/

an Land gehen nah bei (einem) unbekannten Hafen./

Trotz Signalen des Palmzweiges/

danach Tod, Plünderung.  Guter Rat ist spät gekommen.

          

1) N.m. tourment Qual, n.f. tourmente Sturm, Unwetter. Nachdem Subjekt (nef)

und Prädikat (abourder) dem maritimen Bereich entstammen, ist mit dem

tourment marin ein Seesturm gemeint.  Zur Schiffs- und Meeresmetaphorik

s. Glossar unter -> nef und -> mer.

3) Lat. Adj. palmaris zur Palme gehörig

 

 

         Es fehlen Orts- und Zeitangaben, auch Eigennamen.  So würde der Vers auf viele versprengte

         Schiffe in Vergangenheit und Zukunft passen, verstünde man ihn wörtlich.  Dann wüsste man auch

         nicht, warum N. so etwas mitteilt.  Daher ist anzunehmen, dass hier Sinnbilder beschrieben werden.

         Vz 1 [Schiff und Meeresunwetter]  Das >Fischerboot< dient N. als Symbol der katholischen Kirche, 1

         1/4 [VIII]. Wenn hier von einem >fremden Schiff< die Rede ist, müsste damit eine nicht-christliche

         Glaubensgemeinschaft gemeint sein.  Das >Meer< bedeutet den gesamten Bereich der Religion; 

         diese verstanden als die natürliche Beziehung aller Menschen zu dem Grund, aus dem sie herstam-

         men und in den sie zurückkehren sollen.  Auf diesem >Meer< tobt ein >Unwetter<, d.h. es kommt zu

         Kämpfen, bei denen es auch um den Glauben geht.  Die natürliche Religiosität der Menschen führt

         nicht zu äußeren Kämpfen, da die Beziehung der Menschen zu Gott in ihren Seelen stattfindet. 

         Die >Schiffe< hingegen mit ihren >Mannschaften< und >Passagieren< an Bord als Bild für die

         Institution, Organisation und soziale Gemeinschaft der jeweiligen Glaubensform ragen in den politi-

         schen Bereich hinein, in dem Auseinandersetzungen und Kämpfe möglich sind.  Sie werben um

         Passagiere, können sie sich gegenseitig abspenstig machen und verteidigen die befahrenen Routen

         und Landeplätze. Es kann zwischen ihnen sogar zu >Seeschlachten< kommen, VH (42).

         Vz 1/2/3 [Unbekannter Hafen sendet Signale des Palmzweiges, wird angelaufen von fremdem Schiff] 

         Das >fremde Schiff< ist der Islam, dessen Vordringen nach Europa nach dem Kataklysmus der

         Seher öfters ankündigt [VI].  In dieser Zeit wird auch ein neuer und daher >unbekannter Hafen< erbaut.

         Von ihm gehen >Signale des Palmzweiges< aus.  „Als am nächsten Tag die große Menge, die

         aufs [Passah]Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem käme, nahmen sie Palmzweige

         und gingen ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der

         König von Israel!“ (Johannes Kapitel 12, Vers 12 und 13).  Die >Zeichen des Palmzweiges< sprechen

         demnach von den Ehrungen, die dem vermeintlich >wiedergekommenen Christus< zuteil werden. 

         Der >neue Weise<, 4/31 [III], wird den Glaubensgemeinschaften der alten Religionen seine Weisheit

         und Friedenskompetenz anempfehlen.  Seine Philosophie wird ihnen einen >Hafen< bieten, den sie

         anlaufen können, indem sie sich ihm verbinden, d.h. sich auf ein Leben mit ihm verpflichten, 9/32 [s.u.].

         Der >Hafen< bedeutet, dass der an der Spitze der >Weltfriedensordnung< stehende Mann alle

         >Schiffe< aufnehmen will und ihnen signalisiert, dass sie dann endlich >angekommen<, d.h. ins

         Gottesreich aufgenommen worden seien, VH (27).  Das >fremde Schiff<, der Islam, steuert diesen

         Hafen an, Vz 1/2, wie die katholische Kirche, 1/4 [VIII].

         Vz 4 [Plünderung, Tod]  Aber später wird dieser >Hafen zerstört<, 10/80 Vz 4 [VIII].  Die dort vor

         Anker gegangenen Schiffe erleiden eine >Plünderung< und ihre Besatzung den Tod.  Die >neue

         Religion<, deren verbindliche Verkündung einhergeht mit dem Verbot der alten Religionen, wird

         ideologisch ein Konglomerat sein, eine Mischung, die sich beim Geistesgut der alten Religionen

         bedient, 6/10 [X], um diese dann zu verdrängen.  Es handelt sich also um eine >Plünderung<

         geistigen Eigentums.  Christen wie Muslime, die nicht >von Bord ihrer Schiffe gehen< wollen,

         werden dann durch das Regime bedroht, 9/79 [XII].

        

       Die Flotte schwenkt zum Hafen des Metellus

 

 

09/32    De fin porphire profond collon trouuee/

Dessouz la laze escriptz capitolin:/

Os poil retors Romain force prouuee,/

Classe agiter au port de Methelin.  (1568)

 

(Eine) Säule aus feinem tief(liegendem) Porphyr (wird) gefunden,/

unter der Grabplatte capitolinische Inschriften./

Knochen, gelocktes Haar.  R  ö m i s c h e  Macht (wird) bewiesen,/

die Flotte schwenkt zum Hafen des Metellus.

                          

2) Zu laze s. Glossar unter -> sepulchre. Altfrz. n.f. loze Steinplatte

(carreau), Grabplatte (tombe), Grabinschrift (épitaphe).

4) Zur Flotte s. Glossar unter -> classe. Methelin ist ein abgewandelter

Metellus.  Es könnte wohl auch Mytilini, Hauptstadt der Insel Lesbos  

gemeint sein (Pfändler 1996 S. 665).  Aber einen Sinn ergibt das wohl eher nicht.

                   

 

         Nach dem Fund der Säule wird „Macht bewiesen“, was gegen eine archäologische Deutung spricht. 

         Vz 1/2 [Porphyrsäule unter Grabplatte]  Die porphyrne Säule bedeutet eine Institution, die wie das

         antike Kaisertum >den Himmel tragen< will, d.h. eine auf Gott oder die Götter sich berufende

         irdische Ordnung aufrecht erhalten will, 1/43 [VIII].  In der Tiefe wird diese >Säule< gefunden,

         unter einer Grabplatte.  Man muss graben, bis man in der Schicht ankommt, die Gegenstände

         de römischen Antike führt.   

         Vz 2/3 [… wird gefunden/ Knochen, gelocktes Haar]  Das >Ausgraben< und >Finden< bedeutet,

         dass eine alte schon begrabene Idee wieder belebt wird, die >schon da< ist, d.h. zum Bestand

         und Erfahrungsschatz der Gattung gehört und in der gemeinten Zeit erneut aufgegriffen wird. 

         Das >Ausgraben der Porphyrsäule< steht für die Errichtung einer politischen Institution, in der N.

         das Kaisertum der römischen Antike wiedererkannte.  Die >Knochen< im geöffneten Grab und

         das antikisierende >gelockte Haar< machen zudem deutlich, dass die Erinnerung an eine Person

         neu belebt wird.  Der >große Römer<, dessen Gebeine >gefunden< werden, an den man sich

         demnach erinnert und den man >wieder auferstehen lässt<, ist Kaiser Augustus, 6/66 [VIII].

         Vz 2/3 [Römische Macht/ capitolinische Inschriften]  Die römischen Kaiser waren zugleich oberste

         Priester eines staatlichen Kultes.  Die „capitolinischen Inschriften“ auf der Säule verweisen auf das

         Capitol in Rom, wo der Jupitertempel stand.  Der verdeckte Hinweis auf Jupiter, den obersten Gott

         dieses Kultes, lässt die religiöse Verehrung durchblicken, die dem Mann an der Spitze der neuen

         Weltordnung zuteil werden wird, 10/71 [s.u.].

         Vz 4 [Hafen des Metellus als Ziel einer Flotte]  Wie sich die Machtentfaltung der >neuen Römer<

         auf die alten Religionen auswirkt, verrät der Vers am Schluss.  Q.C. Metellus war, noch in republi-

         kanischer Zeit, hervorgetreten durch eine Rede gegen die Ehescheu seiner Landsleute.  Diese

         griff Kaiser Augustus auf, als er Ehegesetze verordnete, die dem Sittenverfall entgegenwirken

         sollten. Der >Hafen des Metellus< ist demnach der sinnbildliche >Hafen der Ehe<.  Kurs auf diesen

         >Hafen< nimmt eine >Flotte<, 1/30 [s.o.]  -  ein Sammelname für die alten Glaubensgemeinschaften,

         3/13 [XI]. Der Kaiser selbst ist in dem Sinnbild der >Herr< und >Ehegatte<, dem sich die alten

         Glaubensgemeinschaften verbinden sollen.  Seine Friedenskompetenz ist der >Hafen<, der ihnen

         Ruhe und Schutz verspricht  -  ein trügerisches Versprechen, 10/80 [VIII].  -

         Mit dem >Hafen der Ehe< verknüpft N. die Schiffs- mit der Ehemetaphorik.

        

        (2) Vorstufe 2: Die alten Glaubensgemeinschaften werden zu >Vestalinnen<,     d.h. sie verpflichten sich auf die >PAX ROMANA<       als gemeinsames >höheres Ziel<

       Brennende Lampe prägt „Trajan“ in Gold

 

 

05/66   Soubs les antiques edifices vestaulx,/

Non esloignez d’ aqueduct ruine:/

De Sol & Lune sont les luisans metaulx./

Ardante lampe Traian d’ or burine.  (1568)

 

Unter den antiken vestalischen Gebäuden/

(liegen sie), nicht weit von der Ruine des Aquädukts./

Von Sonne und Mond sind die glänzenden Metalle,/

brennende Lampe prägt „Traian“ in Gold.

 

1) Zu vestalischen Gebäuden s. Glossar unter -> Vesta.

2) Der Aquädukt wird später wieder aufgebaut, 10/89 [XV].

4) V. buriner gravieren; wegen des Reims auf ruyne ist burine hier kein p.p.p.

 

 

Bei den Metallen entspricht nach alter Lehre der Sonne das Gold, dem Mond das Silber.  Bei

Grabungen in einem antiken Tempelbezirk, an dem ein Aquädukt vorbeiführt, stößt man auf

metallisch Glänzendes, auf Schätze aus Gold und Silber.  So könnte man den Vers missverstehen. 

Ein echtes archäologisches Ereignis nennt Vers 8/66 (Kap.37) im Zusammenhang mit dem Auf-

kommen des italienischen Faschismus. Aber die meisten Verse, die von Gräbern, Schatzfunden

u.Ä. handeln, sind  n i c h t  wörtlich zu nehmen, sondern kennzeichnen ein politisches Geschehen

durch Rückgriff auf den Erfahrungsschatz der Antike.

         Vz 1 [Antike vestalische Gebäude]  Das Feuer im Tempel der Vestalinnen wird wieder entdeckt

         werden, 9/9 [s.u.].  Gemeint ist die Idee, dass die alten Religionen sich gemeinsam auf die

         PAX ROMANA, den Frieden des Imperiums verpflichten.  Die antike PAX ROMANA steht sinn-

         bildlich für die PAX MUNDANA, den Frieden der >Neuen Weltordnung< [VII], die nach dem

         Kataklysmus errichtet werden soll.

         Vz 2 [Ruine des Aquädukts]  Aquädukte waren aufwendig erbaute Wasserleitungen, die die

         Städte mit reinem Wasser aus den Bergen versorgten.  >Reines Wasser vom Fels< bedeutet

         das unverfälscht dargebotene Wort Gottes, 1/21 [III], worunter N. die Lehren der katholischen

         Kirche versteht.  Wenn „unter antiken vestalischen Gebäuden“ gegraben wird, sei die „Ruine

         des Aquädukts“, 10/65 [XI], „nicht weit“  -  soll heißen: dann vergeht nicht mehr viel Zeit, bis

         das alte Lehrgebäude des Kaztholizismus zum Einsturz gebracht wird.

         Vz 3 [Glänzende Metalle von Sonne und Mond]  Mit den >Götterbildern aus Gold und Silber<

         sind in Vers 8/28 [s.u.] das Neue Testament und der Koran gemeint.  Die >neue Religion<, die

         einige Jahre nach dem Kataklysmus verfertigt wird, >verschmilzt< christliche mit islamischen

         Elementen, 8/13 [IV], und >plündert< die alten Glaubensformen wie Schatzkammern, 1/30 [s.o.]

         Vz 4 [Brennende Lampe prägt Trajan in Gold]  Die >Lampe<, die die Funde beleuchtet, ist ein

         Bild für den religiösen Charismatiker, der die Grabung leitet und seiner Anhängerschaft als

         >neuer Weiser mit einzigartigem Hirn<, 4/31 [III], mithin als große geistige Leuchte gelten wird.

         Kaiser Trajan, der von 98 bis 117 n. Chr., also vor dem Sieg der christlichen Religion herrschte,

         war ein Imperator der gemäßigten Art, der keine systematischen Christenverfolgungen zuließ,

         wie in seinem Briefwechsel mit Plinius nachzulesen ist.  Als Kaiser dieser Art lässt sich der

         Mann feiern, will angeblich das Christentum hochhalten, lässt daher „Trajan“  i n  G o l d  prägen.

 

       Fünf Fremde betreten den Tempel der Vesta

 

 

03/45    Les cinq estranges entrés dedans le temple,/

Leur sang viendra la terre prohaner:/

Aux Thoulousains sera bien dur exemple/

D’ un qui viendra ses loys exterminer. (1555)

 

Die fünf Fremden eingetreten in den Tempel,/

ihr Blut wird die Erde entweihen./

Denen von Toulouse wird das eine sehr harte Warnung sein/

vor einem, der kommen wird, ihre Gesetze auszulöschen.

 

1) N.m. temple Tempel;  protestantische Kirche

2) Zu Blut s. Glossar unter -> sang.

3) N.m. exemple Beispiel > lat. n.n. exemplum auch: gutes Beispiel, warnendes Beispiel

4) Das Pronomen ses bezieht sich auf die von Toulouse, weil sie Subjekt des

Hauptsatzes sind.  Zum Gesetz s. Glossar unter -> loy.

 

 

         [Fehldeutung]  Das sollen Einzelszenen sein  -  fünf Räuber dringen ein in eine Kirche in Toulouse,

         werden anschließend deswegen hingerichtet, wobei ihr Blut den Boden der Kirche besudelt.  Es soll

         ein Exempel statuiert werden, weil die Toulouser gerade vom Katholizismus abfallen (Pfändler 1996

         S. 229). Aber die Zeiten, in denen die Kirche Todesurteile fällen oder erwirken konnte, werden nicht

         wiederkehren. Darin stimmen die Richtung der kirchengeschichtlichen Entwicklung und die Tendenz

der Prophetie des N. überein.

         Vz 1 [In den Tempel …]  Mit dem >Tempel< ist hier der Bereich der Religion in der Zeit nach

         dem Kataklysmus gemeint, da eine >neue Weltordnung des Friedens< errichtet werden soll.

         In dieser Zeit werden die alten Religionen zunächst willkommen geheißen, 5/32 [VII].  Der

         Preis für die freundliche Aufnahme wird sein, dass man sich auf die >höheren Ziele< der

         neuen Weltordnung, insbesondere den Weltfrieden verpflichtet.  Darauf deuten die Verse,

         die den Vestakult im antiken Rom zitieren;  die Vestalinnen dienten dem pontifex maximus

         des Staatskultes.  Der >Tempel<, in den „fünf Fremde eintreten“, ist der Vesta-Tempel, in

         dem die vestalischen Jungfrauen dem Staatskult dienen.

         Vz 1/2 [… eingetreten fünf Fremde/ ihr Blut entweiht die Erde]  Das Regime der >Weltfriedens-

         ordnung< dient sich den Völkern und Glaubensgemeinschaften als >Hafen des Friedens< an,

         1/30 [s.o.], der für alle Platz und Schutz biete.  Davon werden sowohl die katholische Kirche,

         1/4 Vz 3/4 [VIII], als auch islamische Glaubensgemeinschaften, 1/30 [s.o.], Gebrauch machen,

         sowie andere „fremde“, d.h. nicht in Europa entstandene Religionen, VH (15).  Ihr >Eintritt in

         den Tempel< bedeutet die Verpflichtung auf die Ziele des Regimes.  Das >Blut< dieser anderen,

         fremden Religionen sind ihre Glaubenslehren.  Sie sollen neben den alten katholischen Lehren

         gleichermaßen gelten und ein Lebensrecht haben.  Denn sie werden vom Regime alle „gleich“,

         8/69 [VII], behandelt und „alle gut“ befunden, 5/32 [VII].  Dieses relativierende Nebeneinander

         gefällt überzeugten Katholiken Nostradamus überhaupt nicht;  für ihn wird die Heiligkeit seiner

         Religion durch solche Gleichmacherei „entweiht“.

         Vz 3/4 [Warnung vor einem, der Gesetze auslöscht]  Wenn einmal die alten Religionen offiziell

         gleich viel gelten sollen, ihre Gleichwertigkeit von Staats wegen propagiert wird, dann sei es in

         Toulouse nicht mehr weit, dass „einer kommen wird, ihre Gesetze“, d.h. die katholischen

         Glaubenslehren, „auszulöschen“.  Nach dem Einzug fremder Glaubenslehren in christliche

         Kirchen soll am Ende das „Gesetz nach der Sonne aufgehoben“ werden, 5/24 [XI], d.h. der

         Christenglaube jedweder Prägung ausgelöscht werden.

 

        (3) Vorstufe 3: Der >neue Weise< will die alten Religionen neu deuten,      sie seien philosophisch noch gar nicht richtig verstanden

       Tempel der Vestalinnen  -  Kind streicht Feuer und Wasser durch ein Sieb

 

 

09/09   Quand lampe ardente de feu inextinguible,/

Sera trouué au temple de Vestales,/

Enfant trouué, feu, eau passant par crible:/

Perir eau Nymes. Tholose cheoir les halles.  (1568)

 

Wenn die brennende Fackel des unauslöschlichen Feuers/

gefunden werden wird im Tempel der Vestalinnen,/  (wird ein)

Kind angetroffen, Feuer (und) Wasser streichend durch ein Sieb./

(Im) Wasser geht unter Nimes, (in) Toulouse stürzen die Hallen.

 

1) Zu Feuer s. Glossar unter -> feu.

2) Zum Vesta-Tempel s. Glossar unter -> Vesta.

3) Wendung passer au crible genauestens untersuchen, nach allen Seiten

beleuchten, wörtlich: durch ein Sieb streichen

4) Zum Untergehen im Wasser s. Glossar unter -> deluge.

 

 

         Vz 1/2 [Feuer gefunden im Tempel der Vestalinnen …]  Vesta war eine Göttin des staatlichen Kultes

         im antiken Rom.  In ihrem Heiligtum brannte ein Feuer, das von ihren Priesterinnen, den vestalischen

         Jungfrauen gehütet wurde.  Es durfte niemals erlöschen, sein Unterhalt war mit dem Wohlergehen

         Roms mythisch verknüpft.  Doch das Feuer im Vestatempel ist schon lange erloschen und das

         Weltreich der Römer lange untergegangen.  Wenn dieses Feuer >gefunden< wird, so als ob es

         immer irgendwo gebrannt habe und nun wieder entdeckt werde, kann es nur die Idee dieses Feuers

         sein, die erneut aufgegriffen wird, mit anderen Worten: Dieser >Fund< ist sinnbildlich zu verstehen.

         Die aus vorchristlicher Zeit stammende Idee des Vestakultes besteht darin, das Feld der Religion

         mit einem Götterkult zu besetzen, der der Erhaltung eines völkerübergreifenden Weltreichs dient.

         Der Dienst an einem Weltreich gilt als Religion und bietet den Anschein einer Religion.  Indem sie

         sich auf den globalen Staat und seinen Frieden verpflichten, werden die Glaubensgemeinschaften

         der alten Religionen zu >Vestalinnen<.  Der Frieden des globalen Staates wird zu ihrem gemein-

         samen >höheren Ziel<.  (Gott sollte ihr gemeinsames höheres Ziel sein, nicht der Staat.)

         Vz 3 [Kind angetroffen …]  In der gemeinten Zeit der Wiederbelebung des vestalischen Feuers

         wird ein >Kind gefunden<, wortgleich wie in Vers 1/95 [III].  Mit dem >Zwillingskind<, das dort wie

         hier >gefunden< wird, ist jener Mann gemeint, in dem viele Christen einen >Zwillingsbruder Christi

         im Geiste< erkennen werden.  Im Wort vom >Finden< oder >Antreffen< sind das Wiedererkennen

         sowie ein Moment der Überraschung enthalten.  Die Bezeichnung als >Kind< will hier wie dort

         nur besagen, dass von dem Stadium der Entstehung seiner Herrschaft die Rede ist. 

         Vz 3 [… Feuer und Wasser streichend durch ein Sieb]  Dieses >Kind< wird angetroffen, wie es

         >Feuer und Wasser< genauestens untersucht.  Wasser ist für Mensch und Tier Mittel zur Reini-

         gung, Feuer läutert Erz zum Metall.  Beide treffen sich darin, zu Reinheit zu verhelfen, aber

         sprichwörtlich ist auch beider Unvereinbarkeit.  Sie stehen hier für die verschiedenen Religionen,

         die Wege zu Läuterung und Heil anbieten und nebeneinander bestehen, aber nicht miteinander

         vermengt werden können.  Genau das aber wird der Gemeinte später tun, 6/10 [s.u.].  Er wird

         die alten Lehren >genau prüfen< und sich anmaßen, Brauchbares von Unbrauchbarem zu trennen

         mit einem >Sieb<  -  dem Geflecht der Machtinteressen des von ihm in Aussicht genommen und

         unter seiner Leitung sich entfaltenden globalen Regimes.

         Vz 4 [Überflutung/ in Toulouse stürzen die Hallen]  Wie das alles endet, ist in der letzten Vers-

         zeile angedeutet.  Mit der >Überflutung< sind die Lehren der später verordneten >neuen Religion<

         gemeint sowie auch deren Anhänger, die dorthin strömen werden, wo noch nicht bekehrte

         Altgläubige sich aufhalten.  Die >Hallen< stehen für die alten Kirchen, d.h. die alten Glaubens-

         lehren, die dann endgültig von der Oberfläche der Erde getilgt werden sollen.

        

       Sonne und Mond bei niedrigem Stand vergrößert

 

 

04/30   Plus XI. fois Lune.Sol. ne voudra,/

Tous augmentés & baissées de degré:/

Et si bas mis que peu or lon coudra:/

Qu’ après faim, peste descouuert le secret.  (1555)

 

Mehr als elfmal wird der zunehmende Mond die Sonne nicht

wollen,/  beide vergrößert und niedrig stehend dem Grade nach/

und so tief gestellt, dass man wenig Gold zusammenbringen wird,/

(und) dass nach Hunger, Seuche, enthüllt (sein wird) das Geheimnis.

 

1) Im Urtext von 1555 steht anstelle von Lune die Sichel des zunehmenden Mondes,

und anstelle von Sol das Symbol der Sonne, wie es die Astrologen benutzen.

3) lon = là on.  V. coudre nähen > lat. v. consuere zusammennähen, zusammenbringen

 

 

         Dass der Mond etwas will, demnach als handelndes Subjekt auftritt, spricht dagegen, dass hier

         außerordentliche Vorgänge im Kosmos gemeint sind.

         Vz 1 [Mond will die Sonne nicht]  Der >Mond< des Islam wird die >Sonne< der christlichen

         Religion nicht scheinen lassen wollen, d.h. Anhänger des Islam werden die christliche Religion

         zurückdrängen wollen, „mehr als elfmal“.  Damit sind wahrscheinlich elf Jahre nach dem

         Kataklysmus gemeint.  Zu dieser Zeitangabe vgl. die dreizehnjährige „barbarische Staathalter-

         schaft“ in 5/78 [IX].  Die „elf Jahre“, in denen die Kirchenvölker von den orientalischen Herrschern

         verfolgt werden sollen, VH (42), können dagegen  n i c h t  die gleichen sein, weil diese dann

         vereint sind mit den „aquilonischen Herrschern“, d.h. mit den auf die >Weltfriedensordnung<

         verpflichteten Mächten.

         Vz 2 [Sonne und Mond niedrig stehend und vergrößert]  Aber auch der >Mond< selbst kann

         in der gemeinten Zeit nicht unbehindert scheinen, denn auch er steht „dem Grade nach abgesenkt“. 

         Dabei ist die Vergrößerung von Sonne und Mond bei niedrigem, horizontnahen Stand bekanntlich

         nur eine scheinbare.  Dass die alten Offenbarungen philosophisch noch gar nicht richtig verstanden

         worden seien, wird das >Haupt der Weisheit<, 5/31 [III], weismachen wollen.  Durch ihre Umdeutung

         in einem bombastischen philosophischen System wird dieser charismatische Mann vorgeben, den

         alten Religionen erst ihre >wahre Bedeutung< zu verleihen.  In diesem Sinne wird er sie >vergrößern<,

         sie >aufblasen<, 8/28 [s.u.], ihnen einen anderen Geist einblasen.  Er selbst und seine anmaßende

         Philosophie sind es, die im Zwielicht der niedrig stehenden Lichter sich an die höchste Stelle drängen.

         Vz 3 [Man bringt wenig Gold zusammen]  In dieser globalen Götterdämmerung werde man

         >wenig Gold zusammenbringen<.  Das Evangelium Christi wird nicht mehr viel gelten.  Dem alten

         christlichen Glauben, gleich welcher Prägung, bleiben nur wenige Menschen treu.  Es werden die

         alten Religionen „zurücksinken“, 8/69 [VII].  Dem entspricht hier der niedrige Stand von Mond und

         Sonne. Er bedeutet die Geringschätzung und Verdrängung, dem die alten Glaubenslehren anheim-

fallen, 9/12 [s.u.].

         Vz 4 [Nach Hunger und Seuche Geheimnis enthüllt]  Die >Seuche< bedeutet in diesem Kontext

         wie in 8/21 die >Ansteckung< mit den Ideen des >neuen Weisen<, 4/31 [III].  Der >Hunger< zeigt an,

         dass zuträgliche geistige Nahrung dann schwer zu bekommen sein wird.  Dass das >Haupt der

         Weisheit< es so weit treibt, seine philosophischen Spekulationen zu einer >neuen Religion< gedeihen

         zu lassen, wird zu Beginn seines Wirkens noch nicht erkennbar sein.   Dieses geheime Vorhaben

         bleibt zunächst im Dunkeln.  Das „enthüllte Geheimnis“ ist wie in 4/28 [s.u.] diese >ganz neue Religion<,

         in deren Mittelpunkt ihr vermeintlich höchst weiser Schöpfer selbst steht.

 

        (4) Gegenkräfte innerhalb der alten Glaubensgemeinschaften       richten gegen die Verschüttung ihrer Ursprünge nichts aus

       Zaghaft will man Christus von falschen Freunden befreien

 

 

10/85   Le vieil tribung au point de la trehemide/

Sera pressee captif ne deliurer,/

Le veuil non veuil le mal parlant timide/

Par legitime à ses amys liurer.  (1568)

 

Der Alte (wird zum) Tribunen genau dann, wenn die Dreifeuchtigkeit/

bedrängt wird, (den) Gefangenen nicht auszuliefern./

Der Wille, (dann) Unwille benennt das Übel zaghaft,/  (will)

rechtmäßigen Gefährten von seinen >Freunden< befreien.

 

1) trehemide ist eine Neubildung des Sehers, die vielfältig gedeutet werden kann.

In den Kontext passt es, darin eine Kontraktion aus lat. tres drei und

lat. (h)umidus bzw. franz. humide feucht zu erkennen.

2) Mittelfrz. v. délivrer befreien (libérer), ausliefern (livrer)

3) Mittelfrz. n.m. vueil Wille (volonté), Begehren (désir)

4) Mittelfrz. n.m. par, pair Gefährte (compagnon)

 

 

         Vz 1 [Alter/ Dreifeuchtigkeit …]  In dem >neuen Weisen<, 4/31 [III], werden nicht wenige Christen

         den „neuen Alten“, 3/72 [XI], erkennen, >Denselben wie damals<, d.h. den >wiedergekommenen

         Christus<, 1/95 [III].  Er wird nach einiger Zeit im Bereich aller drei alten Offenbarungsreligionen

         als spirituelle Autorität gelten, 10/28 [III].  Diese werden dadurch zu dreien, 8/77 [XII], zu einer

         „Dreiheit“, 1/50. -     Im >lebendigen Wasser<, dem Wort Gottes, verbindet sich der Geist der

         Gottheit (>Luft<) mit der Sprache als Material (>Erde<), 5/36 [s.u.].  Zu einer >Dreifeuchtigkeit<

         werden die drei Religionen für den, der in allen dreien das >lebendige Wasser<, d.h. das Wort

         Gottes erkennt und sich dabei auf einen vermittelnden >höheren Standpunkt< stellt.

         Vz 2 [… bedrängt, den Gefangenen nicht auszuliefern/ Alter wird zum Tribunen]  Je mehr Autorität

         dem >neuen Weisen<, 4/31 [III], zuwächst, desto leichter wird er die alten Glaubenslehren für sein

         Machtkalkül umdeuten können, 9/9 [s.o.].  Beharrende Kräfte in den Glaubensgemeinschaften der

         drei Religionen haben dann offenbar das Ziel, den „Gefangenen“, den jeweiligen Begründer ihres

         Glaubens (Moses, Jesus, Mohammed), „nicht“ gänzlich „auszuliefern“, d.h. die Verschüttung ihrer

         Ursprünge nicht zuzulassen.  Gegen diese Bedrohung seines Vorhabens wird der >Weise< die

         Völker der Welt mobilisieren, er wird zum „Tribunen“ kraft seines ausgeprägten rhetorischen

         Talents, 1/96 [VIII].  Ein Tribun im weiteren Sinne ist ein begabter Redner, der das Volk mitreißt,

         indem er als Verfechter von dessen Anliegen auftritt.

         Vz 3/4 [Unwille will rechtmäßigen Gefährten befreien]  Dass er sich durchsetzen kann, belegen

         u.a. die „drei Kronen“, die ihm aufgesetzt werden, 2/73 [VIII], und seine Anerkennung als Messias

         bzw. wiedergekommener Christus bzw. Mahdi bedeuten.  Seine >neue Religion<, die er am Ende

         aus dem Hut zaubert, wird die alten Religionen verdrängen, 9/12 [s.u.].  Dass Christus in dem

         >neuen Heiligen<, 10/30, und seinen Paladinen falsche Freunde erwachsen sind, bis weit in die

         Kirchen hinein, wird dann offenbar. -   Die willigen Unwilligen sind jene Anhänger der alten Reli-

         gionen, die den neuen Mann als Friedensstifter und spirituellen Lehrer begrüßten, dann aber die

         Bedrängung ihres alten Glaubens beklagen.  Christus wurde zum wahren und damit „rechtmäßigen

         Gefährten“ für die Menschen, indem er sich für sie opferte.  Christi Evangelium von den Zerstörern

         befreien zu können, wird dann mancher noch wünschen, sich aber, wenn überhaupt, nur noch

         „zaghaft“ oder „furchtsam“ äußern angesichts der Machtverhältnisse und des totalitären Anspruchs

         der Machthaber und ihrer breiten Unterstützung durch die Völker.

 

        (5) Die >neue Religion< bleibt als Projekt einige Jahre geheim,
              diesbezügliche Gerüchte werden dementiert

       Unter dem Lichtglanz der Sonne eine verborgene Form

 

 

04/28   Lors que Venus du sol sera couuert,/

Souz l‘ esplendeur sera forme occulte,/

Mercure au feu les aura descouuert,/

Par bruit bellique sera mis à l’ insulte.  (1555)

 

Wenn Venus von der Sonne verdeckt sein wird,/

wird unter dem Lichtglanz eine verborgene Form sein./

Merkur im Feuer, (dann) wird (man) sie enthüllt haben,/

bei Kriegsgeschrei wird er der Beschimpfung ausgesetzt sein.

 

1) Zu Venus s. Glossar unter -> Venus und zur Sonne unter -> Sol.

3) Zu Merkur vgl. das Glossar unter -> Mercure.  Wohl könnte hier auch

Merkur der Enthüllende sein, was aber keinen Sinn ergibt.

 

 

         (Die Verse 4/28, 4/29 und 4/30 gehören zusammen;  denn alle drei Verse nennen die Namen von

         Himmelskörpern, die seltsamen, alchemistisch anmutenden Wandlungen unterliegen, und in allen

         drei Versen kommt die Sonne vor.)  Gegen Vorgänge im All spricht hier die Beleidigung oder

         Beschimpfung, die Merkur erleidet, was einem Planeten schwerlich widerfährt. 

         Vz 1/3 [Sonne, Venus, Merkur]  Die Sonne bedeutet bei N. den in Christus offenbar gewordenen

         Gott (Gottvater), und unter ihrem Gesetz versteht er die christliche Religion sowie staatliche

         Ordnungen, die sich christlich legitimieren, s. Glossar unter -> loy.  Gesetz der Venus ist ein

         Name für die >Weltfriedensordnung<, 5/53 [VII]  -  das ist die Ordnung des globalen Regimes,

         das sich einige Jahre nach dem Kataklysmus [II] etabliert.  Der sonnennahe Götterbote Merkur

         steht bei N. als Chiffre für Jesus Christus, 9/12 [s.u.].  Mit diesem Vokabular ausgerüstet, hat

         man eine Chance, die Aussagen des Verses zu begreifen.

         Vz 2  [Unter Lichtglanz der Sonne …]  Nach dem Kataklysmus „werden die Kirchen wieder

         aufgerichtet werden wie in der ersten Zeit, und der Klerus wird zurück versetzt werden in seinen

         früheren Stand“, VH (22).  Die christliche Religion entfaltet noch einmal einen geistigen Glanz.

         Darüber bleibt im Hintergrund und bekommt wenig Aufmerksamkeit, was sich im Großen anbahnt. 

         So wird in der ersten Zeit nach dem Kataklysmus >Venus von der Sonne< verdeckt.

         Vz 2 [… verborgene Form …]  Hinter dem Lichtglanz der Sonne steckt eine „verborgene Form“.

         Es wird ein Mann auftreten, der sich die Maske des >wiedergekommenen Heilandes< aufsetzen

         lässt, in diese Form schlüpft und sich in ihr verpuppt, 8/25 [V].  Die alte Prophezeiung, dass

         Christus wiederkommen werde, ist aber genau genommen, nicht „verborgen“, sondern nur

         in den Hintergrund getreten und bis in die Nähe der Vergessenheit abgesunken.  Gemeint ist

         etwas Anderes:  Das Vorhaben, eine >neue Religion< zu begründen, dem Bereich der Religion

         eine neue Form zu geben, ist ein zunächst ein „Geheimnis“, 4/30 Vz 4 [s.o.], ein der Öffentlich-

         keit vorenthaltenes, also geheimes Projekt und in diesem Sinn „verborgen“. 

         Vz 3/4 [… enthüllt/ Merkur im Feuer, beschimpft/ Kriegsgeschrei]  Dieses Projekt wird nach

         einigen Jahren in die Tat umgesetzt, die neue Form, die der Bereich der Religion erhalten soll,

         wird „enthüllt“.  Enthüllt wird damit auch das Wesen der >Weltfriedensordnung<, des Regimes

         im Signum der Venus.  Die >neue Religion< wird ein Monopol beanspruchen für den ganzen

         religiösen Bereich, 1/79 [s.u.].  Sie wird diesem Bereich eine >endgültige Form< geben wollen,

         welche die Vorzüge der alten Religionen in sich vereint und sie in den Schatten stellt, 9/12 [s.u.]. 

         >Merkur im Feuer< bedeutet, dass >Feuer vom Himmel<, d.h. der Bannstrahl des globalen

         Regimes Christus und sein Evangelium trifft.  Er erleidet Verunglimpfung und Beschimpfung. 

         Die altgläubigen Christen werden bedrängt und verfolgt;  die Vertreter der >neuen Religion<

         machen Ernst mit ihrer Militanz im Namen des Friedens.

 

        (6) Die >neue Religion< vermischt die alten Glaubensformen

       Tempel der Farben schwarz und weiß miteinander vermischt

 

 

06/10   Vn peu de temps les temples des couleurs/

De blanc & noir des deux entremeslée:/

Rouges & iaunes leur embleront les leurs/

Sang, terre, peste, faim, feu, d’ eau affollée. (1568)

 

Eine kurze Zeit nur, dann werden die Tempel der Farben/

weiß und schwarz beide miteinander vermischt./

Rote und Gelbe werden ihnen die Ihrigen entwenden./ 

Blut, Erde, Seuche, Hunger.  Feuer von Wasser verwirrt.

 

3) Mittelfrz. v. embler rauben (ravir), stehlen (voler), entreißen, (dérober)

4) Mittelfrz. v. affoler  I. verletzen (blesser), zugrunde richten (écraser),

verderben (perdre)  II. verrückt machen (rendre fou)

 

 

         Vz 1/2 [Tempel der Farben weiß und schwarz …]  Den Farben weiß und schwarz entsprechen

         Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, Sonne und Mond.  Die Sonne steht bei N. für die christliche,

         der Mond für die islamische Religion.  Demnach sind mit hier die Kirchen des Christentums und

         die Moscheen des Islam gemeint.

         Vz 2/3 [… entwendet/ miteinander vermischt]  Es treten Personen auf den Plan, die den Christen

         und Muslimen „die Ihrigen“, also Kirchen und Moscheen „entwenden“.  Ihre Beschreibung durch

         andere Farben weist sie im gegebenen Kontext als Anhänger einer anderen Religion aus.  Die

         >neue Religion<, die aus der Ideologie des globalen Regimes entsteht, wird sich bei den herge-

         brachten Religionen nach Gutdünken bedienen.  Christliche und islamische Elemente werden

         miteinander vermischt, VH (29).  Da zugleich ein Deutungsmonopol für die alten Lehren geltend

         gemacht wird, 1/79 [s.u.], wird den Christen und Muslimen ihre Religion „entwendet“.

         Vz 3 [… entwendet durch Rote und Gelbe]  Als inhaltliche Kennzeichen der >neuen Religion<

         werden außerdem die Farben rot und gelb angegeben.  Rot ist bei N. die Farbe der Auflehnung

         gegen die hergebrachte Ordnung, die auf den christlichen Gehorsam gebaut ist.  Gelb bedeutet

         Geiz und Neid, gilt auch als die Farbe der Falschheit und des Unglaubens. 

         Vz 4 [Seuche und Hunger/ Feuer von Wasser verwirrt]  Die Seuche ist wie andernorts (-> peste)

         als geistige Ansteckung zu verstehen und gibt ein Bild für schnelles Um-Sich-Greifen und weite

         Verbreitung.  Viele Menschen werden den >neuen Glauben< schnell annehmen, weil ihr geistiges

         Immunsystem der >Ansteckung<, 8/21, nichts entgegenzusetzen hat. 

         Wasser dient der Reinigung, Feuer läutert Erz zum Metall.  Beide sind ein Bild für unterschiedliche

         Wege zu Läuterung und Heil, die sich gegenseitig ausschließen wie Feuer und Wasser, deren

         Unvereinbarkeit sprichwörtlich ist.  Wenn >Feuer von Wasser verwirrt< ist, bedeutet das die

         Vermischung von Glaubensinhalten unterschiedlicher Herkunft, welche die >neue Religion<

         kennzeichnet und die N. als Zeichen geistiger Verwirrung wertet.

 

       (7) Die >neue Religion< steht in großem Ansehen

       Ein Formgeber wird mit Gold überschüttet

 

 

09/12   Le tant d‘ argent de Diane & Mercure/

Les simulachres au lac seront trouuez,/

Le figulier cherchant argille neufue/

Luy & les siens d’ or seront abbreuvez.  (1568)

 

Das Große von Diana und Merkur (nur) aus Silber,/

die Götterbilder werden im See angetroffen werden./

Der Formgeber auf der Suche nach neuer Tonerde,/

er und die Seinen werden mit Gold überschüttet werden.

 

1) tant als nomen > lat. n.m. tantum so Großes, so Viel(es)

3) Lat. n.m. figulus Töpfer, Bildner.

 

 

         Vz 1/4 [Silber/Gold]  Silberne und goldene Götterbilder stehen in 8/28 [s.u.] für die schriftlichen

         Zeugnisse der islamische und der christlichen Religion.  Hier markieren die beiden Metalle

         dagegen eine unterschiedliche Wertschätzung.  Auf der einen Seite „das Große von Diana und

         Merkur“, das nicht für wertlos gilt, doch nur für >silbern<, d.h. zweitrangig;  auf der andern Seite

         ein „Formgeber“, der >mit Gold überhäuft< wird, d.h. sich  h ö c h s t e r  Wertschätzung erfreut.

         Vz 1/2 [Großes von Diana und Merkur im See]  Die Göttin Diana, die griechische Artemis,

         wird in Vers 2/28 (Kap.41) zum Decknamen für die Jungfrau Maria, die wiederum die christliche

         Religion als ganze allegorisiert.  Es ist also „das Große“, das die christliche Religion in des

         Sehers eigenem Urteil zu bieten hat, welches in der gemeinten Zeit den Menschen als zweit-

         rangig und minderwertig gilt.  Das vermeintliche >Silber< der christlichen Religion wird dann

         >im See gefunden<, weil es dort hinein geworfen wurde, 8/28 [s.u.];  d.h. es soll verdrängt

         und ganz vergessen werden.

         Vz 3 [Formgeber auf der Suche nach neuer Tonerde]  Vers 1/21 [III] handelt von Überlebenden,

         die durch einen Abgrund hindurchgingen, und danach ehrfürchtig einem >nährenden Felsen<,

         d.h. einem spirituellen Lehrer begegnen.  Dieser findet die Menschen vor als formbare >Tonerde<

         und fühlt sich zum >Formgeber< berufen.  Hier nun ist dieser „Formgeber auf der Suche nach

         neuer Tonerde“, d.h. er will seine Anhängerschaft mehren.  Er ist identisch mit dem „Erfinder“

         der >neuen Religion<, 1/45 [VIII], mit der er die Menschen geistig ganz neu formen will.

         Vz 1 [Merkur]  Merkur, hier neben Diana, die Chiffre für die Jungfrau Maria gestellt, hat dieselbe

         Sinnrichtung wie diese.  „Das Große von Merkur“ ist dasselbe wie „das Große von Diana“.  So ist

         an dieser Stelle ablesbar, dass N. den Namen des griechischen Götterboten als Chiffre für Jesus

         Christus verwendet.  Hermes, der römische Merkur, vertrat schon die Stelle des Guten Hirten,

         die Christus erfüllt hat, Johannes Kapitel 10 Vers 1 bis 21.  Die Sonnennähe des gleichnamigen

         Planeten als Bild für die Nähe zu Gott unterstützt diese Deutung.

 

(8) wird >von oben< verordnet und durchgesetzt

Antichrist führt alle in Streit - Schottland mit Sturm überzogen bei Frost

 

 

10/66 Le chef de Londres par regne l' Americh,/

L' isle d' Escosse tempiera par gelle:/

Roy Reb auront vn si faux antechrist,/

Qui les mettra trestous dans la meslee. (1568)

 

Das Haupt von London wird durch die amerikanische Herrschaft/

die Insel Schottlands mit Sturm überziehen bei Frost./

(Als) König Reb haben sie einen ganz falschen Antichristen,/

der sie allesamt in Streit führen wird.

 

1) Altfrz. n.m. tempier Sturm, Unwetter (tempête), großes Getöse (grand bruit),

Aufruhr (tumulte), Durcheinander (confusion), Streit (querelle). Wenn hier

davon ein Verbum gebildet wird, bedeutet dieses: mit Sturm überziehen

(was zum Frost gehören würde) oder: in Aufruhr versetzen, was zu Vz 4 passt.

Es entspricht dem Verbum tempêter wüten, toben, ist aber hier transitiv.

2) Schottland ist eine Halbinsel, wird aber auch in 10/39 (Kap.4) Insel genannt.

 

 

Vz 2/3 [Sturm, Frost/ Antichrist] Um welche Zeit es geht , verraten der Antichrist, der >Sturm<

und der >Frost<. Der >Sturm< gehört zum Bild des >Unwetters mit Blitz und Donner<, mit dem N.

den Bann gegen die alten Religionen kurz vor dem Ende der alten Erde verhüllt, s. unter foudre.

Der "Antechrist" wird die alten Religionen "für nichtig erklären", 8/77 [XII]. Der >Frost< steht für

die gleich anschließend verkündetet neue Einheitsreligion, die >das Meer<, den Bereich der

Religion >gefrieren lassen<, d.h. in einer festen Form erstarren lassen soll, 10/71 [s.u.]

Vz 1/2 [Amerikanische Herrschaft/ Heuchlerischer Antichrist ...] Vom Kartographen Mercator

wird 1538 erstmals "America" als Name für die gesamte >Neue Welt< verwendet. N. kann

den Namen also schon aus seiner Zeit gekannt haben; dafür brauchte es nicht notwendig

seherische Fähigkeiten.

Es scheint hier, dass Britannien in der gemeinten Zeit von Amerika aus beherrscht wird.

Amerika wird den >wiedergekommenen Heiland< als solchen anerkannt haben, 8/74 [VII],

und daher auf dessen Regime verpflichtet sein, 5/62 Vz 4. Demnach geht es hier darum,

die >neue Religion< überall, auch in den Randregionen (Schottland) durchzusetzen. Nur so

könne der Weltfrieden auf Dauer gesichert werden.

Vz 4 [... führt allesamt in Streit] In Wahrheit werden die Menschen durch die >neue Religion<

in Streit um die Berechtigung von deren Ausschließlichkeitsanspruch geführt. Die >Falschheit<

des Antichristen äußert sich in vorgetäuschter Friedensliebe, ist als habituelle, d.h. gewohn-

heitsmäßige Heuchelei zu verstehen. Vorgetäuschte Friedensliebe war auch bei den beiden

Herrschern, die N. als Vorläufer des letzten Antichristen erkannte, schon zu beobachten, siehe

die Verse 5/5 (Kap.21) für Napoleon, sowie 9/94 (Kap.34) und 10/38 (Kap.34) für Hitler.

Vz 3 [König Reb] Bei "König Reb" ist die Deutung fraglich. Rabbi, hebräisch Rebbe, heißen

die jüdischen Schriftgelehrten; der Gemeinte entstammt dem jüdischen Volk des Staates

Israel, 7/32 [III]. Die alchymische Chiffre Rebis, von lat. res bina, zweifaches Ding, würde auf

seine >Doppelnatur< als >wahrer Mensch und wahrer Gott< deuten. In Wahrheit ist er ein

Rebellenkönig, weil er an der Spitze des Kampfes gegen Christus steht.

 

 

       (9) Die >neue Religion< will die alten Religionen ersetzen und verdrängen

       Ein Begräbnis erster Klasse für die alten Religionen

 

 

08/28   Les simulachres d‘ or & d‘ argent enflez,/

Qu’ après le rapt au lac furent gettez/

Au descouuert estaincts tous & troublez./

Au marbre escriptz prescriptz intergetez. (1568)

 

Die Götterbilder aus Gold und aus Silber (so) aufgeblasen,/

dass sie nach dem Raub in den See geworfen wurden./

Bei der Enthüllung ausgelöscht allesamt und verworren,/

auf dem Marmor Schriften, Vorschriften eingefügt.

 

1) Lat. n.n. simulacrum Bild, Götterbild, Traumbild, s. dazu Glossar

unter -> simulacre. V. enfler anschwellen lassen, übertreiben > lat. v. inflare

hineinblasen, aufblasen, aufblähen;  stolz machen

3) Mittelfrz. v. esteindre ersticken (étouffer), sterben lassen (faire mourir)

> lat. v. ex(s)tinguere löschen

4) Zu Marmor s. Glossar unter -> sepulchre. Mittelfrz. n.m. prescript

Vorschrift (précepte), Verordnung (préscription)

 

 

         Vz 1 [Götterbilder aus Gold und Silber …]  Gold galt als Entsprechung der Sonne, die bei N.

         für den in Christus offenbar gewordenen Gott (Gottvater) steht.  Silber galt als Entsprechung

         des Mondes, der bei N. Symbol für die islamische Religion ist.  Die goldenen und silbernen

         Götterbilder sind die des Christentums und des Islam.  In beiden Religionen werden Bilder

         nicht als Idole verehrt.  Am Schluss ist von Schriften die Rede, die verbindlich ausgelegt

         werden.  Mit den >Götterbildern< sind die in Worte gefassten Bilder und Gleichnisse gemeint,

         in denen sich die Gottheit durch die Stifter der beiden Religionen offenbart und verhüllt hat.

         Vz 1/2 [… aufgeblasen, geraubt und in den See geworfen]  Es ist demnach die Sprache der

         Bibel und des Koran, die >aufgeblasen< wird.  Im Bild des Aufblasens ist enthalten, dass den

         alten Schriften ein anderer Geist eingeblasen wird, und dass die Aufgeblasenheit der Räuber

         in ihrem Tun erkennbar wird.  Die >Götterbilder< werden geraubt und geplündert, 1/30 [s.o.].

         Der >neue Weise<, 4/31 [III], bedient sich im Fundus der alten Religionen nach Gutdünken,

         als ob sie sein Eigentum seien, deutet sie um und formt daraus eine >neue Religion<.  Die

         alten Lehren selbst werden >in den See geworfen<, d.h. sie sollen vergessen werden.

         Vz 3 [Bei der Enthüllung verdunkelt]  Bei der Enthüllung, 4/28 Vz 2/3 [s.o.], werden sich die

         Ideen des >Hauptes der Weisheit<, 5/31 [III], zu einer >neuen Religion< verdichtet haben  - 

         ein Projekt, das einige Jahre geheim gehalten und dann erst öffentlich bekanntgegeben und

         verkündet wird.  Die alten Lehren werden durch die >neue Religion< >gesiebt<, 9/9 [s.o.],

         >auf das Wesentliche reduziert<, 6/61 [XI], und >eingeschmolzen<, 3/13 [s.o.], d.h. ihrer

         gewachsenen Gestalt beraubt.  Das von ihnen ausgehende geistige Licht  - Sonne und Mond

         entsprechend Gold und Silber -  wird so verdunkelt.  Die bildhafte, die Wahrheit in Bilder hüllende

         Sprache der alten  Religionen (Götterbilder) wird durcheinander gebracht und „verworren“ 

         Vz 4 [Auf dem Marmor Schriften, Vorschriften eingefügt]  Die alten Religionen erhalten Grab-

         steine aus Marmor, Begräbnisse erster Klasse, weil die Freude groß ist, sie endlich los zu sein. 

         Auf den Grabsteinen steht geschrieben, dass die alten Lehren von nun an und für immer als

         unvollkommene, nur noch historisch bedeutsame Vorläufer der vermeintlich endgültigen

         >neuen Religion< aufzufassen seien, 6/61 Vz 1/2 [XI].

 

       Gesetze, Streit und Monopol

 

 

01/79   Bazaz, Lectoure, Condon, Ausch, & Agine,/

Esmesu par loys, querele & monopole./

Car Bourd. Thoulouze Bay. metra en ruine,/

Renouueller voulant leur tauropole.  (1555)

 

Bazaz, Lectoure, Condom, Auch und Agen,/

(werden) geschüttelt durch Gesetze, Streit und Monopol./

Carcassonne, Bordeaux, Toulouse, Bayonne wird (es) zerstören,/

wenn diese ihre Taurische erneuern wollen.

 

2) N.f. monopole (wirtschaftliches) Vorrecht;  ausschließliches Vorrecht,

Ausschließlichkeit (exclusivité)

3) In Car wird mit Pfändler (1996 S. 110) ein abgekürztes Carcassonne erkannt. -  

Als Subjekt zu metra en ruine kommen querele und monopole in Frage.

4) Altgriech. Adj. tauropolos taurisch, aus Taurien stammend; das war

ein Beiname der in Attika verehrten Göttin -> Artemis. Eine weitere

Fundstelle von tauropole gibt es nicht.

 

 

         Vz 4 [Die Taurische erneuern]  „Taurisch“ war ein Beiname der Göttin Artemis.  Diese dient N.

         wegen ihrer Keuschheit und Jungfräulichkeit als Chiffre für die Jungfrau Maria, 2/28 (Kap.41),

         die für den christlichen Glauben steht.  Demnach werden französische Städte erschüttert, die

         den christlichen Glauben erneuern wollen.

         Vz 2 [Gesetze, Streit und Monopol]  Das führt die Erneuerer in einen Streit um Gesetze (loys).

         Eine  -> loy  ist bei N. das Prinzip einer staatlichen Ordnung.  Es wird um den Glauben gestritten

         und zugleich um die staatliche Ordnung  -  es geht um unterschiedliche religiöse Begründungen

         der staatlichen Ordnung.  Mindestens eines der Gesetze beansprucht ein „Monopol“, d.h. aus-

         schließliche Gültigkeit, will also andere Gesetze nicht dulden.  Ein Glaube, eine Religion stiftet

         das Prinzip der staatlichen Ordnung und beansprucht, im Alleinbesitz der Wahrheit zu sein.

         Erneuerer des christlichen Glaubens werden zu Gegnern dieses Anspruchs.

         In den französischen Glaubenskriegen des sechzehnten Jahrhunderts standen die (calvinistisch)

         Reformierten den Katholiken gegenüber, deren Religion Staatsreligion war und im Besitz des

         allein wahren christlichen Glaubens zu sein beanspruchte (wie ihrerseits die Reformierten).

         Doch in diesen Bürgerkriegen hat N. klar für die Katholiken Partei ergriffen, 5/72 (Kap.6).  Wenn

         hier französische Städte „erschüttert“ werden durch einen religiösen Ausschließlichkeitsanspruch,

         beurteilt er diesen Anspruch negativ und stellt sich auf die Seite der Gegner und Erneuerer.

         In Vers 1/4 [VIII] kündigt N. einen Alleinherrscher über die ganze Welt an.  Der vermeintliche

         geistige >Zwillingsbruder Christi< steigt zur höchsten Autorität eines globalen Regimes auf,

         1/95 [III].  Für die alten Religionen, die sich zunächst behaupten können, beansprucht er ein

         Deutungsmonopol.   Nach einigen Jahren werden die alten Religionen von einer >neuen<,

         angeblich dem Weltfrieden verpflichteten >Religion< verdrängt.  Der Bereich der Religion soll

         eine >endgültige Form< erhalten  -  die ihn in Wahrheit erstarren und veröden lässt, 10/71 [s.u.].

         Vz 1/3 [Südwestfrankreich geschüttelt und zerstört]  Es scheint also, als werde es noch einmal

         einen >allein wahren Glauben< geben, der zugleich das Prinzip der dann globalen Staatsordnung

         ist.  Die alten Formen im Bereich der Religion werden ausgelöscht, 3/45 Vz 4 [s.o.].  Gegner,

         die den >neuen Glauben< nicht teilen, werden zu „Ketzern“ erklärt, 3/36 [VII].  Die verbliebenen

         Altgläubigen werden einer „großen Bedrückung“ ausgesetzt, VH (29).  Dieser Bedrückung zum

         Trotz wollen, so scheint es hier, Christen im Süden Frankreichs, der Heimat des Sehers, den

         christlichen Glauben erneuern.  Ihnen droht die Zerstörung ihrer Städte.

        

        (10) Philosophie soll Religion ersetzen

       Latona, schwanger mit Artemis und Apollon, kann lange nicht gebären

 

 

01/62   La grande perte las que feront les lettres :/

Auant le cicle de Latona parfaict,/

Feu, grand deluge plus par ignares scepters/

Que de lon siècle ne se verra refaict.  (1555)

 

Welch großes Verderben!  Was wird die Gelehrtheit anrichten!

Bevor der Zyklus der Latona vollendet ist,/  (kommt)

Feuer und große Flut, noch dazu durch unwissende Machthaber,/

so dass lange Zeit keine Wiederherstellung zu sehen sein wird.

             

1) N.f.pl. lettres Literatur-, allgemeiner Geisteswissenschaft

> lat. n.f.pl. litterae Bücher, Wissenschaft, Gelehrsamkeit

2) Manche späteren Ausgaben haben: „Avant le ciel de Latona parfaict,/…“

3) Zu Feuer und Flut s. Glossar unter -> feu und -> deluge.

 

 

         Vz 1/2/4 [Verderben durch Gelehrtheit/ Zyklus der Latona/ Lange Zeit keine Wiederherstellung]  

         Latona, die griechische Leto, erscheint in dunklem Gewand und ist die Nacht, die Zeit der dunklen

         Erde.  Sie geht schwanger mit den Zwillingen Artemis und Apoll;  Artemis, die jungfräuliche Jägerin,

         steht bei N. für die Jungfrau Maria und damit für den christlichen Glauben.  Weil Allmutter Gaia

         ihr keinen Platz zur Niederkunft lassen will, irrt die Schwangere im Kreis (griech. kyklos) umher. 

         Aber wie ist es zu verstehen, dass >Artemis<, d.h. der christliche Glaube erst noch einmal (wieder)

         geboren werden muss ?  Welche Zeit kann N. da meinen ? 

         Als Gegner des christlichen Glaubens erkennt er „Gelehrtheit“ oder „Wissenschaft“.  Die Aufklärer

         des 18. Jahrhunderts nennt er eine „neue Sekte von Philosophen“, weil sie sich als Gegner eines

         Christenglaubens hervortun, der als Rechtfertigung der feudalen Gesellschaftsordnung dient,

         3/67 (Kap.13).  Die Aufklärer glauben an die kollektiv ausgeübte Vernunft des Menschen, die

         letztinstanzlich über alle Gesetze und Einrichtungen des Gemeinwesens zu urteilen berufen sei. 

         Die Entfaltung von Vernunft und Wissenschaften verdrängt die christliche  Religion  -  diese lang- 

         fristige Entwicklung ist es, die N. als Verderben bringend beurteilt.  Erst nach „langer Zeit“, nach

         Jahrhunderten, kann Leto dann doch Artemis und Apollon gebären, d.h. der christliche Glaube

         erlebt eine große Renaissance  -  ein Geschehen, das heute (2012) noch in der Zukunft liegt.

         Vz 3 [Feuer und große Flut/ unwissende Machthaber]  Gaia, die Letos Niederkunft verhindern will,

         ist die Erde und Mutter der Titanen, die seit dem verlorenen Kampf mit den olympischen Göttern

         in den Tartaros weit unter der Erde verbannt sind.  Es scheint, dass die Sterblichen sich dazu

         anstiften lassen, an Stelle der verhinderten Titanen mit den Göttern zu wetteifern.  Die Wissenschaft

         neuzeitlichen Typs will die Wege des Schöpferischen nachgehen, um sich selbst an dessen Stelle

         zu setzen.  Auf der Suche nach Verbündeten gegen den Himmel hat die Wissenschaft begonnen,

         die in der Erde gebundenen Gewalten frei zu setzen.  Aber im Kontext mit der Niederkunft der

         Leto bedeuten Feuer und Flut doch etwas Anderes.  Das Feuer ist das >Feuer vom Himmel<,

         d.h. der Bannstrahl, der am Ende die alten Religionen trifft.  Und die große Flut ist die geistige

         Überflutung mit den Lehren der >neuen Religion<, die alles Alte unter sich begraben und für immer

         von der Oberfläche der Erde wegspülen will, wie in VH (39) und 1/69 [VII].  Dass die politischen

         Machthaber „unwissend“ dabei mitmachen, ist kaum anders zu erwarten.  Nicht so selbstverständ-

         lich erscheint es, dass auch die Repräsentanten der alten Religionen die Entwicklung nicht absehen

         und dem >neuen Weisen mit dem einzigartigen Hirn<, 4/31 [III], dem grandiosen Philosophen,

         auch noch die Steigbügel halten und in den Sattel helfen.

 

        (11) lässt nur den irdischen Nutzen der Religion gelten, ist geistig eine     gehaltlose Fastenspeise und in Wahrheit eine „große Nichtigkeit“

       Eine langsame Alte stirbt an vergifteten Hostien

 

 

05/36   De soeur le frere par simulte faintise,/

Viendra mesler rosee en mineral:/

Sur la placente donne à vieille tardifue,/

Meurt, le goustant sera simple & rural.  (1568)

 

Von (der) Schwester wird der Bruder aus Rivalität,

Scheinheiligkeit/  Tau hineinmischen ins Mineral./

Auf das Gebäck gegeben der Alten, Langsamen,/  stirbt sie.

Wenn sie davon kostet, wird es einfach sein und ländlich.

      

1) Zum Bruder s. Glossar unter -> frere. Lat. n.f. simultas Eifersucht,

Rivalität, Groll, Feindschaft. Mittelfrz. n.f. feintise das Heucheln (action de feindre),

Verstellung (dissimulation), Scheinheiligkeit (hypocrisie), Täuschung (tromperie).

2) N.f. rosée Tau.  Zu Mineral s. Glossar unter -> terre.

3) Altfrz. n.f. placente runder und flacher Kuchen (galette, gâteau ronde et plate)

> lat. n.f. placenta Kuchen

4) Adj. tardif langsam, geistig träge

 

 

         Es wird ein Giftmord beschrieben, der sinnbildlich gemeint sein müsste, weil Angaben zu Namen,

         Zeit und Ort völlig fehlen.

         Vz 2 [Ins Mineral …]  Wasser verflüchtigt sich, wenn es erhitzt wird, als Dampf in die Luft, und zurück

         bleibt nur etwas >Erde<, nämlich Mineralien, namentlich Kalk.  Der >naiven< Anschauung zufolge

         besteht demnach Wasser aus Luft und Erde.  Das >lebendige Wasser< bedeutet das vom Menschen

         aufgenommene Wort Gottes, Johannes Kapitel 4 Vers 6 bis 15.  Die >Luft< ist dann der lebendige

         Geist der Gottheit, und die >Erde< ist der Buchstabe, der ihn transportiert.  Im Wort Gottes verbinden

         sich beide zum >lebendigen Wasser<.

         Das >Mineral< ist hier wie die >Erde< in 3/44 [XII] ein Bild für die Sprache des NT als Material, d.h.

         ohne den ihr innewohnenden Geist, der sich verflüchtigt hat.  Man werde >die Sprache rösten<, ihr

         also das >Wasser< entziehen, heißt es anderer Stelle, 4/56 [XI].  Dabei wird z.B. aus dem Gebot der

         Barmherzigkeit der Anspruch des Armen auf Existenzsicherung im Dienst der Erhaltung des Staates.

         Vz 1/2 [… wird Tau von der Schwester gemischt]  Unter das zum Mineral herabgekommene Wort

         Christi wird >Tau< gemischt.  Tau schlägt sich nachts nieder, beim Schein des Mondes.  Der Mond

         ist im Französischen weiblich, kann dichterisch „Schwester“ der Sonne genannt werden und steht

         bei N. für den Islam, 1/49 (Kap.11).  Der >Tau von der Schwester< ist >Wasser<, das sich beim

         >Schein des Mondes< niedergeschlagen hat.  Gemeint sin die Lehren des Islam, 6/10 [s.o.].

         Vz 1/3 [Bruder gibt Mischung auf Gebäck]  Die krude Mischung aus >Mineral< und >Tau< wird dann

         „auf das Gebäck gegeben“, auf flache Kuchen (placente).  Es sind Hostien besonderer Rezeptur,

         die der >Bruder<, der vermeintliche >Zwillingsbruder Christi im Geiste<, 1/95 [III], verfertigt.

         Er ist in Wahrheit Rivale Christi, weiß sich aber als dessen geistiger Bruder zu verstellen. 

         Vz 4 [Schmeckt ländlich, aber die Alte stirbt daran]  Die „einfache und ländliche“ Machart seiner

         Backware bedeutet, dass sie nur einen zeitlichen, d.h. für das Erdenleben gültigen Sinn hat

         und dass für die Ewigkeit nichts herausschmeckt.  Die „Alte“, die sich beim Erscheinen des

         vermeintlich >Wiedergekommenen< wieder ganz jung fühlt, 10/52 [IV], ist >Mutter Kirche<. 

         Sie ist in Wahrheit eine „Langsame“, weil ihre Repräsentanten lange nicht begreifen, was vorgeht.

         Sie und ihre Gläubigen sind es, denen die >mineralisch< faden, mit >Tau< gewürzten Hostien

         dargeboten werden.  Sie zu genießen, wird Gemeinschaft mit dem >Wiedergekommenen<

         begründen.  „Wenn jemand an meinem Wort festhält, wird er auf ewig den Tod nicht erleiden“,

         Johannes Kapitel 8 Vers 52.  Wenn Mutter Kirche die Verflüchtigung des >lebendigen Wassers<

         hinnimmt und den ersatzweise beigefügten >Tau< nicht verschmäht, tritt sie den Manipulationen

         des >Wiedergängers< am Wort Christi nicht entgegen und versäumt so, es zu bewahren.  Daran

         wird sie sterben, d.h. ihr Glaubensbekenntnis am Ende vollständig preisgeben müssen, 10/65 [XI].

       Fixierte große Nichtigkeit kränkt römisches Volk auf das Schwerste

 

 

10/20   Tous les amys qu auront tenu party,/

Pour rude en letters mys mort & saccagé,/

Biens publiez par fixe grand neanty,/

Onc Romain people ne feut tant outrage. (1568)

 

All die Freunde, die ihre Rolle gespielt haben,/  (werden)

wegen (eines) in Briefen Rücksichtslosen getötet und ausgeraubt./

Güter konfisziert durch festgelegte große Nichtigkeit./

Nie hat römisches Volk so schwere Kränkung erfahren.

 

1) Wendung tenir sa partie seine Rolle spielen

2) Saccagé hat den falschen Numerus, wie oft bei N.

3) Altfrz. v. publier versteigern (vendre à l‘ encan), > lat. v. publicare konfiszieren,

dem Staat zueignen. N.m. néant Nichts, Nichtigkeit, hier reimbedingt abgewandelt.

Mittelfrz. n.f. neanté Elend (misère), Niedrigkeit (basesse), Unwürdigkeit (indignité)

4) Zu „römisch“ s. Glossar unter -> Rome.

 

 

Vz 1 [Alle Freunde, die ihre Rolle gespielt haben …]  Die Freunde des >wiedergekommenen

Heilands< sind die Katholiken, die diesen Mann als >Findelkind< entdecken und ihn dann >groß-

ziehen<, 1/95 [III]. Vorneweg tut sich dabei der letzte Papst hervor, der von unbändiger Liebe zu

dem >Findelkind< entbrannt ist, 8/13 [IV], und daher unbedingt >Mutter Kirche< dem neuen Mann

>ehelich verbinden< will.  Dabei spielen die christlichen Kirchen im Machtkalkül dieses Mannes

anfangs eine wichtige Rolle, vor allem auch, um in den USA anerkannt zu werden, 8/74 [VII]. 

Erst wenn er dann fest genug im Sattel sitzt, wird „verjagt, wer ihm taugte“, 4/21 [VII].

         Vz 2/3 [… ausgeraubt/ ihre Güter konfisziert …]  Der >neue Weise<, 4/31 [III], wird sich des

         Geistesgutes der alten Religionen, besonders der christlichen und der islamischen Glaubens-

         lehren bemächtigen, die alten Lehren >plündern< und für die eigenen Zwecke so umdeuten, wie

         er es brauchen kann, 9/9 [s.o.].  Er nimmt sie als Rohmaterial her, das sich dann schlagartig zu

         einer >neuen Religion< verdichtet, die von Staats wegen verordnet wird. 

Vz 3 [… durch festgelegte große Nichtigkeit]  Diese >neue Religion< nennt N. eine „große

Nichtigkeit“, weil sie gar keinen echten Jenseitsbezug hat, vielmehr alle Kräfte in den Aufbau des

vermeintlichen Gottesreiches  a u f  E r d e n  stecken will.  Bei Verkündung der >neuen Religion<

werden genaue Vorschriften erlassen, was von nun geglaubt werden soll;  diese Vorschriften

erscheinen auch auf den Grabsteinen der alten Religionen, 8/28 [s.o.].  Es handelt sich also um

den Anschein einer Buchreligion mit genau fixiertem Dogmenbestand, und darum nennt N. sie

eine „fixierte“ große Nichtigkeit.

         Vz 2/4 […durch einen in Briefen Rücksichtslosen getötet/ schwerste Kränkung für römisches Volk] 

         Der „in Briefen Rücksichtslose“ ist derselbe wie in 10/65 [XI], wo ein „Herber“ oder „Strenger“ (aspre)

         „mit Briefen einen schrecklichen Schnitt“ macht.  Gemeint sind die Dekrete, die die katholische Kirche

         auf einen Schlag vernichten.  Danach steht sie als >Ruine< da ohne Blut und Substanz, d.h. ohne

         Dogma und Liturgie, 10/65 [XI].  Die „schwere Kränkung“ ohne historisches Vorbild ist die Zumutung,

         den alten Glauben und damit die geistige Heimat vollständig aufzugeben.

 

        (12) … wird als Mittel zum Zweck der Friedenserhaltung begründet

       Ein äußerstes Heilmittel soll das Feuer löschen

 

 

   Sizain 49 Sechszeiler 49

   Venus & Sol, Iupiter & Mercure/ Venus und Sonne, Jupiter und Merkur/

   Augmenteront le genre de nature/ sie werden die natürliche Beschaffenheit vergrößern./

   Grande alliance en France se fera,/ Großes Bündnis wird in Frankreich zustande kommen,/

   Et du Midy la sangsue de mesme,/ und vom Süden die Blutsaugerin ebenso./

   Le feu esteint par ce remede extreme,/ Das Feuer gelöscht durch dies äußerste Heilmittel,/

   En terre ferme Olivier plantera. auf festen Grund wird (man den) Olivenbaum pflanzen.

 

        

         Vz 5/6 [Feuer gelöscht durch äußerstes Heilmittel]  Der Ölzweig, den die von Noah ausgesandte Taube

         bei ihrer Rückkehr im Schnabel hält, ist wie der Regenbogen ein Zeichen, dass die Sintflut überstanden

         ist und Gott einen neuen Bund mit den Geretteten schließen will.  Der Ölbaum gilt seitdem als Symbol

         des Friedens mit Gott.  Im Vers will man >den Ölbaum auf festen Grund pflanzen<. d.h. dem Weltfrieden

         eine sichere Grundlage geben.  Das >Feuer<, das durch ein „extremes Heilmittel“ gelöscht werden soll,

         ist daher >das Feuer des Krieges<.  Der Krieg, als bis dahin unausrottbare Geißel, soll ein für allemal

         abgeschafft werden.  Worin aber besteht das „äußerste Heilmittel“, das den Frieden mit Gott wieder

         herstellen soll?  Wodurch soll es möglich werden, dass der Krieg von der Erde verbannt wird ?

         Vz 1 [Sonne und Merkur/ Venus und Jupiter]  Merkur dient N. als Chiffre für Jesus Christus, und die

         Sonne steht für Gott, der sich in Christus offenbart hat (-> Sol, -> Mercure).  Mit Gottes und

         Christi „natürlicher Beschaffenheit“ ist ihr wahres Wesen gemeint, über das die Evangelien, die

         Aufzeichnungen des NT über Leben, Worte und Taten Christi Aufschluss geben. 

         Gesetz der Venus heißt die >Weltfriedensordnung<, 5/53 [VII], und >Jupiter< nennt N. den >wieder-

         gekommenen Heiland<, nachdem dieser an die Spitze dieses >großen Bündnisses in Frankreich<

         gestellt, d.h. mit außerordentlicher politischer Macht ausgestattet worden ist (-> Venus, -> Jupiter). 

         Frankreich ist das Land der Revolution, an die sich große, für N. unerfüllbare Hoffnungen auf eine

         bessere Zukunft knüpften;  so wird >Frankreich< in Sz 48 zum allegorischen Ort der großen leeren

         Heilsversprechen.  Das >große Bündnis in Frankreich< steht für die >Weltfriedensordnung<, deren

         Heilsversprechen damit als haltlos gekennzeichnet sind. 

         Vz 2 [sie werden die natürliche Beschaffenheit vergrößern]  Die >Weltfriedensordnung< will das

         Projekt verwirklichen, das Gottesreich  a u f   E r d e n  zu schaffen.  Zur alten Verheißung vom

         Gottesreich gehört, dass das Reich Christi  n i c h t  von dieser Welt sei, Johannes Kapitel 18 Vers 36. 

         Die >Vergrößerung< oder >Erhöhung< meint das neue Versprechen, das Gottesreich  j e t z t  und 

         h i e r  a u f  E r d e n  schon zu verwirklichen.  Möglich soll das werden durch die >neue Religion<,

         die die Lehren der alten Religionen in ganz neue philosophische Zusammenhänge stellt, sie dadurch

         >aufbläst<, 8/28 [X], und ihnen einen anderen Geist einbläst.  Erst wenn alle Menschen von diesem

         >neuen Geist< erfüllt seien und sich zur >neuen Religion< bekennen, werde der große Frieden mit

         Gott möglich.  Man >erhöht< die alte Verheißung vom Gottesreich und dadurch vor allem sich selbst.

                 

        (13) will die endgültige Religion sein

       Das >Weltmeer vereist<

 

 

10/71  La terre & l‘ air geleront si grand eau,/

Lors qu‘ on viendra pour ieudi venerer,/

Ce qui sera iamais ne feut si beau,/

Des quatre pars le viendront honorer.

 

Die Erde und die Luft werden ein sehr großes Wasser vereisen lassen,/

wenn man kommen wird, Jupiters Tag zu verehren./

Der, welcher so schön sein wird, wie niemals einer gewesen ist -/

aus vier Richtungen werden sie kommen, ihn zu verehren.

 

1) Zum sehr großen Wasser s. Glossar unter -> mer.

Zum Eis s. Glossar unter -> geler.

2) N.m. jeudi Donnerstag > lat. Iovis dies Jupiters Tag -> Jupiter.

 

 

Vz 2/4 [An Jupiters Tag kommen sie aus vier Himmelsrichtungen]  Der Donnerstag ist seiner

sprachlichen Herkunft nach in den romanischen Sprachen der Tag Jupiters. Diesen alten Götter-

namen verwendet N. als Decknamen für den Weltherrscher, 5/24 [XI], den es im >siebten

Jahrtausend<, d.h. nach 2000 geben wird, 1/48 [II].  Der Tag eines Menschen ist die Zeit, die ihm

in der Welt gegeben ist, um wirken zu können, Johannes Kapitel 9 Vers 4.  Wenn man den

>Tag Jupiters verehrt<, verspricht man sich von dieser Zeit offenbar sehr viel.  Jupiter war der

Oberste der drei Haupt- und Staatsgötter des antiken römischen Weltreichs. Daher kommt man

aus allen Himmelsrichtungen, ihn zu ehren.

         Vz 3 [Schön wie keiner]  Schönheit und freundliches Wohlwollen (Huld) kennzeichnen den Herrscher

         über das Volk Gottes, Psalm 45 Vers 3.  Da >Jupiter< politisch wie religiös eine Führungsrolle in

         der Welt übernimmt, ist in der Übertragung des biblischen Bildes die Menschheit als ganze das

         >Volk Gottes<, das als >Braut< die Hochzeit mit seinem >gottgesandten Gatten< feiert.  Und da

         der Hochverehrte >Christus durch die Erlangung der Weltherrschaft übertrifft<, 1/95 [III], ist er

         >so schön wie nie einer war<.

         Vz 1 [Sehr großes Wasser …]  Ausgewiesen durch die vier Himmelsrichtungen und den Namen

         des obersten Gottes der römischen Antike, meint der Vers Vorgänge, die die ganze Welt betreffen.

         Mit dem sehr großen Wasser sind daher die Ozeane gemeint, die sich zum Weltmeer verbinden.

         Das Meer bedeutet bei N. sinnbildlich den Bereich der Religion, seine Oberfläche die öffentlich

         ausgeübte Religion.  Das >sehr große Waser< bedeutet die Religion aller Menschen.  Dieses

         Meer kann seit Urzeiten frei strömen und wird befahren von >Schiffen<, die die Glaubensgemein-

         schaften der alten Religionen bedeuten.  Wenn das Weltmeer >gefriert<, wird seine Oberfläche

         zur öden Eiswüste, die nicht mehr schiffbar ist und die Menschen vom Grund abschneidet.

         Vz 1 [… vereist durch Erde und Luft]  Die Luft erfüllt den natürlichen Himmel;  geistig ist >die Luft<

         das Medium, durch das der Atem des Schöpfers seine Geschöpfe belebt, Genesis 2 Vers 7.

         >Erde< ist dabei der Stoff, der belebt wird.  Die  M e n s c h e n  sind die >Tonerde<, welche

         geistig beleben und nähren zu können >Jupiter< zugetraut wird, 1/21 [III].  Es ist die unter seinem

         geistigen Einfluss (>Luft<) stehende Menschheit (>Erde<), die die >Vereisung des Weltmeers<

         selbst vollzieht.  Gemeint ist die Pseudoreligion des Weltstaats, die am Ende Ausschließlichkeit

         beansprucht, 1/79 [s.o.], und so den Bereich der Religion erstarren und veröden lässt, soweit er

         - wie die Oberfläche des Meeres -  offen am Tage liegt.