[VIII] >Wiedergekommener Heiland< als Weltherrscher - Übersicht
Textregister: 1/4, 9/54, 7/5, 9/5, 2/56, 5/7, 1/58, 2/9, 5/9, 3/60, 9/10, 10/10, 6/61, 8/13, 8/63,
3/65, 4/15, 10/65, 1/16, 5/66, 6/66, 3/17, 2/70, 10/20, 4/21, 6/21, 7/21, 9/71, 10/71,
1/22, 2/22, 3/72, 6/72, 2/73, 5/73, 7/23, 10/73, 1/24, 1/74, 4/24, 5/24, 8/74, 8/75,
1/27, 4/27, 8/77, 1/28, 6/28, 6/78, 10/28, 1/29, 2/79, 4/29, 8/79, 9/79, 10/29, 1/80,
2/30, 6/30, 8/80, 9/80, 10/30, 10/80, 2/81, 4/31, 5/31, 2/32, 5/32, 7/32, 9/32, 8/83,
1/84, 3/34, 4/34, 9/84, 9/85, 10/85, 5/36, 10/86, 1/37, 1/87, 6/37, 1/38, 2/88, 4/88,
5/88, 3/41, 3/91, 8/41, 10/91, 3/42, 1/43, 2/43, 3/43, 10/93, 9/44, 10/44, 1/45, 1/95,
2/45, 3/45, 4/95, 10/95, 1/96, 5/96, 8/46, 2/97, 5/97, 1/48, 6/48, 10/49, 1/50, 1/100,
5/50, 6/50, Sz 13, Sz 19, Sz 45, Sz 46, Sz 49, VH (28), VH (30)
Die in der Übersicht rot markierten und unterstrichenen Textstellen werden weiter unten kommentiert.
>Wiedergekommener Heiland< als Weltherrscher
(1) geht aus einer Dreierherrschaft hervor 5/7 [VII], 4/95 [VII]
(2) gelangt durch W a h l an seine hohe Position, 6/21 [IX], 8/41 [III], 4/88 [V]
nach dem Ende des Krieges unter [VII] (1) 4/95 [VII], 2/22
(3) (a) wird zum Alleinherrscher über die Welt, 1/4, 3/17, 9/5 [s.u.] (Alleinherrscher)
1/48 Vz 2 [II] (Alleinherrschaft)
Sz 13 (mächtiger Kaiser)
(b) wie einst der Kaiser des römischen
Imperiums 3/65 [IV], 6/66, 9/84 [III] (großer Römer
aufersteht aus seinem Grab)
(c) ist nach Napoleon und Hitler der D r i t t e
in der Neuzeit, der die Weltherrschaft 7/5 Vz 2, 9/5 Vz 1
anstrebt 2/88 Vz 3
(4) >wiedergekommener Heiland< und 1/95 Vz 4 [III] (kraftvoll aufgestiegen der
Weltherrscher sind lebende Zwillingsbruder)
d i e s e l b e P e r s o n 8/41 Vz 2/3 [III] (öffentlicher Heiliger
tyrannisiert die Größten)
1/43 Vz 3/4 (Säule aus Porphyr überführt
auf den Frohe-Weihnachts-Felsen)
10/29, 9/85 (heiliger Pollux des
Allmächtigen)
8/74 [VII] (politische Billigung und religiöse
Verehrung derselben Person)
(5) will das Gottesreich auf Erden bringen 2/45 (Androgyn)
10/80 Vz 2/3 (öffnet die großen
ehernen Tore)
10/49 Vz 1 (verbreitet das Paradies,
wo er geht und steht)
(6) steht wie der oberste Gott 10/71 [X] (Verehrung dessen, der so
der römischen Antike im Mittelpunkt schön ist, wie nie einer war)
eines staatlichen Kultes 7/23, 5/24 [XI], 1/80 („Jupiter“)
(7) urteilt über die Geschichte, 10/73 Vz 1/2 (Vergangenheit und
Gegenwart erhalten ihr Urteil)
aus der man Konsequenzen ziehen müsse, 7/23 Vz 1/2
mit allen Mitteln Sz 49 (äußerstes Heilmittel)
(8) gilt als >zuständig für Religion<, 1/27 Vz 4 [V] (Zuständiger)
9/9 Vz 3 [X] (siebt Feuer und Wasser),
Sz 19, 45 (Krokodil bewegt sich
>im Wasser<)
ist aber rein weltlich orientiert 1/22 Vz 1 (ein Wesenloser will
seinen Schöpfer töten)
(9) bekommt Macht über die drei 2/73 Vz 4 (drei Kronen),
Offenbarungsreligione 9/32 [X] (Römische Macht über
die Flotte)
9/79 Vz 1 (Oberhaupt der Flotte)
(10) Die christliche Religion gilt beim Regime
nicht mehr viel 9/12 Vz 1/2 [X]
(11) am Weltherrscher scheiden sich die Geister 1/45 Vz 1 (Spalter der Bekenntnisse)
3/34 (das Ungeheuer wird man ganz
anders deuten)
8/80 Vz 2 (großer Totengräber)
Sz 46 (schlägt alle in die Flucht)
4/21 Vz 3 [VII] (verjagt, wer ihm taugte)
und die Geister s o l l e n sich von Gott
her auch an ihm scheiden 1/96 Vz 1/2
(12) ist hinter den Seelen der Menschen her 2/9 Vz 1/2
(13) gebietet auch militärischer Macht
bzw. lässt sie gewähren 9/80 Vz 1/2
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[VIII] >Wiedergekommener Heiland< als Weltherrscher - Auswahl kommentierter Texte
(1) Geht aus einer Dreierherrschaft hervor
Die Verse 4/95 und 5/7 sind schon in Vorschau [VII] besprochen.
(2) Er gelangt durch Wahl an seine hohe Position
Vers 8/41 ist schon in Vorschau [III] besprochen.
(3) (a) Wird zum Alleinherrscher über die Welt
01/04 Par l‘ vniuers sera faict vng monarque,/ Qu‘ en paix & vie ne sera longuement:/ Lors se perdra la piscature barque,/ Sera regie en plus grand detriment. (1555)
Von der ganzen Welt wird einer zum Alleinherrscher gemacht werden,/ der nicht lange im Frieden und am Leben sein wird./ In dieser Zeit wird das Fischerboot untergehen,/ es wird in seine größte Beschädigung gelenkt werden.
1) Pfändler (1996 S. 55) übersetzt: „Der Welt wird ein Herrscher erstanden sein.“ Aber der Vers hat univers ganze Welt, nicht monde Welt, und er hat monarque Alleinherrscher, nicht souverain Herrscher. Wegen des mit par gekennzeichneten Urhebers steht das Prädikat eindeutig im Passiv („wird … gemacht werden“); daher ist es nicht zulässig zu übersetzen, als stünde da eine reflexive Form. 2) Mittelfrz. Adverb lors da, dann (alors) in dieser Epoche (à cette époque) 3) V. se perdre verlorengehen, verschwinden usw. Wenn das einem Boot geschieht, geht es unter. 4) N.m. détriment Nachteil, Schaden
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[Fehldeutung] Pfändler (1996 S. 55) deutet diesen Vers auf Napoleons Vorgehen gegen die römische
Kirche und den Papst im Jahr 1809. Unter Napoleon wird der Papst als weltlicher Herrscher abgesetzt
(Mai 1809), d.h. der Kirchenstaat wird faktisch von Frankreich annektiert; im Juni 1809 wird der Papst
gefangen genommen. Aber diese Deutung scheitert erstens daran, dass Napoleon nicht von der Welt
zum Alleinherrscher gemacht wird, sondern sich ihr gegen starke Widerstände als solcher aufdrängen
will. Sie scheitert zweitens daran, dass der Beschädigung der Kirche in der Zeit der Napoleonischen
Kriege eine noch schwerere Niederlage folgen soll, 9/5 [s.u.], sie daher nicht die „größte Niederlage“
sein kann. Denn der komplette Untergang kommt erst noch, 10/65 [XI]; diesen Vers verlegt auch
Pfändler (a.a.O. S. 770) in die Zukunft.
Vz 1/2 [Alleinherrscher über ganze Welt…] Dass einer „von der ganzen Welt“ - gemeint ist der
Planet Erde, nicht das Weltall - zum „Alleinherrscher“ über sie „gemacht“ wird, hat es noch nicht
gegeben. Der Vers ist ein Stenogramm von Leben und Taten des Mannes, der nach Krieg und
Kataklysmus seine Macht an der Spitze der >Weltfriedensordnung< wird etablieren können, weil
sehr viele Menschen in ihm den ersehnten Retter und Friedensstifter werden erkennen wollen.
Er wird „nicht lange“, nur etwa zehn Jahre, 8/69 [VII], ohne Krieg auskommen, um dann alle Menschen
verfolgen zu lassen, die sich nicht unter sein Regime beugen und zu der von ihm ersonnenen >neuen
Religion< des Weltstaats bekennen wollen. (Im Unterschied zum Weltherrscher wird der spätere
Herrscher von Europa sich e r s t im Krieg bewähren müssen, ehe er dann s p ä t e r in Frieden
herrschen kann, womit erwiesen ist, dass er hier nicht gemeint sein kann.)
Vz 2 [… nicht lange am Leben] Der Weltherrscher wird „nicht lange am Leben“ sein, d.h. die
Herrschaft nicht lange innehaben, was ihn wiederum vom späteren Herrscher über Europa unter-
scheidet, 4/97 [XV]. Es ist dies aus dem Blickwinkel der Ewigkeit gesprochen, so wie es z.B. in der
Offenbarung des Johannes Kapitel 12 Vers 12 heißt, der Teufel wisse, dass er „wenig Zeit“ habe.
Vz 3 [Fischerboot …] Die Arche wurde nach Gottes Weisung von Noah erbaut zur Rettung seiner
Familie und der mitgeführten Tiere während der Sintflut. Die Kirche will in entsprechender Weise
die Menschen bei sich aufnehmen, ihnen eine geistige Heimat für die Fahrt durch das Erdenleben
bieten, in deren Schutz sie das Leben in der Ewigkeit ansteuern können. In ihrem Selbstverständnis
steht die Kirche in der Nachfolge der Apostel und Jünger Jesu, welche dieser zu Menschenfischern
gemacht hat, Matthäus Kapitel 4 Vers 19. So wie Fische bei nächtlichem Fang durch Lichtquellen
zu den Booten und in die Netze sich locken lassen, so sollen die Menschen durch das geistige Licht
des Evangeliums angelockt werden, das die christlichen Kirchen zu verbreiten hoffen (nach Jakob
Lorber, Das Große Evangelium Johannes, Band 9 Kapitel 116). Das >Fischerboot< steht demnach
für die Kirche als das irdische Gehäuse der christlichen Religion, zuerst und hauptsächlich für die
katholische Kirche, deren Schicksal dem Seher am Herzen lag.
Vz 3/4 [… geht unter, wird in größte Beschädigung gelenkt] Die Spitze der katholischen Kirche
wird die Hoffnung hegen, den >neuen Heiligen<, 10/30 [IX], für die Sache der christlichen Religion
und ihrer größten Glaubensgemeinschaft dienstbar zu machen, 6/93 [V]. Aber genau umgekehrt
wird es kommen. Der neue Mann wird die Kirche benutzen, seine Anhängerschaft zu mehren und
wird später den Kirchen verbieten, den alten Glauben zu verkünden, 10/65 [XI]. So wird das
>Fischerboot< in seinen Untergang gelenkt werden. Die am weltlichen Aufstieg interessierte
Politik ihrer Oberen wird der Kirche ihre denkbar größte Beschädigung eintragen.
(b) Wie einst der Kaiser des römischen Imperiums
06/66 Au fondement de la nouuelle secte,/ Seront les oz du grand Romain trouués,/ Sepulchre en marbre apparoistra couuerte,/ Terre trembler en Auril, mal enfouetz. (1568)
Bei der Gründung der neuen Sekte/ werden die Gebeine des großen Römers gefunden,/ (sein) Grab wird erscheinen, mit Marmor bedeckt./ (Die) Erde bebt im April, sie waren schlecht begraben.
4) Zu den Bedeutungsmöglichkeiten von Erdbeben s. -> trembler.
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Vz 3 [Grab erscheint …] Monumente, Gräber usw. werden bei N. des öfteren >gefunden<, wobei
die meisten dieser >Funde< nicht wörtlich, d.h. nicht archäologisch zu verstehen sind, sondern ein
ein politisches Geschehen durch inhaltliche Parallelen aus dem Erfahrungsschatz der griechisch-
römischen Antike charakterisieren sollen; s.a. Glossar unter -> sepulchre.
Vz 2 [… mit Marmor bedeckt/ Gebeine des großen Römers gefunden …] Das marmorne Grab
eines >großen Römers< wird von den außerordentlichen Naturereignissen des Kataklysmus
geöffnet, 9/84 [III], d.h. es wird n a c h diesen Ereignissen gefunden. In der Aufbruchsstimmung
der frühen Kaiserzeit wurde viel Marmor verbaut, nicht nur in Grabstätten. So könnte mit dem
>großen Römer< Kaiser Augustus Octavian gemeint sein, der in der langen Reihe der römischen
Kaiser der erste war. Die andere Möglichkeit ist, dass der >große Römer< nicht für eine
bestimmte einzelnen Person steht, sondern für die Institution des römischen Kaisertums schlecht-
hin. Die Idee eines weltumspannenden Kaisertums wird wiederbelebt und hoch geschätzt - das
soll der Marmor besagen. Es wird also ein globales Regime geben, an dessen Spitze ein Allein-
herrscher steht, 1/4 [s.o.] - gleich welche Titel dieser dann trägt.
Vz 1 [… bei der Gründung der neuen Sekte] Der römische Kaiser war zugleich der oberste Priester
der römischen Staatsreligion. Die antike Verbindung von weltumspannender politischer Herrschaft
mit dem Priestertum eines Staatskultes wird in dem Gemeinten wiedererstehen. In dieser Zeit wird
eine >neue Sekte< gegründet, womit die Anhängerschaft des >neuen Heiligen<, wie er in 10/30 [IX]
bündig heißt, gemeint ist. Dessen >römische<, d.h. auf den Erwerb imperialer Macht ausgehende
Ambitionen werden anfangs im Hintergrund stehen, aber dem Aufmerksamen nicht entgehen,
4/31 Vz 4 [III].
Vz 4 [Erde bebt im April/ schlecht begraben] Später wird der Priesterkaiser eine >neue Religion<
gründen, die - wie der antike Kaiserkult - Verbindlichkeit für alle Menschen beansprucht,
Vorschau [X]. Das >Erdbeben< bedeutet die politischen Erschütterungen, die durch den gleich-
zeitigen Bann gegen die alten Religionen ausgelöst werden. Den Bann gegen die katholische
Kirche missbilligt N., 10/65 [XI], und meint daher, dass >die Gebeine schlecht begraben< waren
und der >große Römer< besser nicht >auferstehen< würde.
(c) Ist der Dritte, der die Weltherrschaft anstrebt
09/05 Tiers doibt du pied au premier semblera,/ A un nouueau monarque de bas hault/ Qui Pyse & Luques Tyran occupera/ Du precedent corriger le default. (1568)
Dritte Zehe des Fußes wird der ersten gleichen/ bei einem neuen Monarchen, von unten nach oben (gekommen)./ Der wird Pisa und Lucca (als) Tyrann in Besitz nehmen,/ um des Vorgängers Unzulänglichkeit zu korrigieren.
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Napoleon III. ist Neffe seines „großen Onkels“ Napoleon I. Zu dem hintergründigen Humor des Sehers
würde die Anrede als >dritte Zehe< eines >großen Onkels< schon passen. Wie sein Onkel verfolgt Kaiser
Napoleon III. seine Großmachtinteressen auch in Italien, 4/73 (Kap.30). Aber er hat das Land nicht wirklich
tyrannisiert und auch keine Könige von seinen Gnaden dort eingesetzt wie sein Onkel. Er war w e n i g e r
mächtig als sein Vorgänger, während es der Vers andersherum will.
Vz 1/2 [Zehen eines Fußes/ Alleinherrscher von unten] Das In-Besitz-Nehmen (occuper) der dritten
Verszeile legt nahe, dass der >Fuß< hier für Besitzergreifung und Herrschaft steht. Wenn hier
>ein Fuß< >drei Zehen< auf die Erde setzt, wollen sich demnach drei Herrscher die Erde untertan
machen und werden von N. als Erscheinungsformen desselben Strebens erkannt, des Strebens
nach der Alleinherrschaft (monarque). Dass das nicht gleichzeitig, sondern nacheinander geschieht,
macht die Rede vom „neuen“ Alleinherrscher sowie dessen „Vorgänger“ deutlich. Alle drei wollen
sich dabei Italiens bemächtigen und kommen „von unten nach oben“, d.h. sie sind Herrscher ohne
dynastische Tradition.
Vz 1 [Erste und zweite Zehe] Napoleon I. will als Erster nach dem Ende des alten Kaiserreichs sich
Europa untertan machen. Wenn England erfolglos in Schrecken versetzt werde, werde Italien durch
Frankreich viel zu leiden haben, 2/94 (Kap.23). Gemeint ist die Besetzung des Landes durch Truppen
Napoleons zur Durchsetzung der Kontinentalsperre in den Jahren 1807/08. Der nächste Herrscher,
dessen Truppen im Zeichen des Reichsadlers in Italien stehen, ist dann Hitler, 5/99 (Kap.37), der
kurzlebige „König der Könige“ in Europa, 9/90 (Kap.32).
Vz 3 [Pisa und Lucca] „Die bestgerüsteten Orte der Fremden“ werde ein Kriegsherr losschicken,
um „durch Tyrannei Pisa und Lucca zu zerstören“, 9/80 [s.u.]. Dieselben Städte in Verbindung mit
einer Tyrannei machen wahrscheinlich, dass hier wie dort dieselben Vorgänge gemeint sind.
Der „Kriegsherr“ ist das globale Regime der >Weltfriedensordnung<, dessen oberste Autorität der
>wiedergekommene Heiland< ist. Pisa und Lucca können wörtlich gemeint sein oder sinnbildlich
für alle Orte in Italien oder Europa stehen, die in der gemeinten Zeit nicht bereit sind, sich der
Unterdrückung der christlichen Religion zu beugen.
Vz 1/4 [Dritte Zehe gleicht der ersten/ korrigiert Unzulänglichkeit] Der >wiedergekommene Heiland<
und sein zu voller Entfaltung gelangtes Regime werde Napoleon gleichen, und zwar hinsichtlich der
Feindschaft gegen die katholische Kirche [XI]. Diese wird bei dem „neuen Alleinherrscher“ allerdings
nicht gleich hervortreten, sondern anfangs hinter dem Anschein enger Partnerschaft verborgen sein [IV].
„Des Vorgängers Unzulänglichkeit“ dürfte darin zu sehen sein, dass Napoleon die Kirche nicht zerstört,
sondern nur arg gebeutelt hat, 6/46 (Kap.22). Diese >Unzulänglichkeit zu korrigieren<, wird der neue
Mann antreten; aus dem Mund des kirchentreuen Katholiken N. ist das ein hintergründiger Sarkasmus.
Zugleich ist damit das Selbstverständnis des Regimes gekennzeichnet; mit dem >alten Aberglauben<
müsse nun ein für allemal und gründlich >aufgeräumt< werden.
[Fazit] Vers 9/5 belegt, dass des Sehers Interesse sich auf die Erscheinung des Antichristen fokus-
sierte, und dass er die drei Gestalten Napoleon, Hitler und den vermeintlich >wiedergekommenen
Christus< als Abfolge von antichristlichen Herrschern wahrgenommen und aufgefasst hat.
(4) >Wiedergekommener Heiland< und Weltherrscher sind dieselbe Person
Von dieser Identität zeugen auch die Verse 1/95 [III] und 8/41 [III], ebenso Vers 8/74 [VII].
01/43 Auant qu‘ auienne le changement de l‘ empire,/ Il auiendra vn cas bien merueilleux,/ Le champ mué, le pilier de porphyre/ Mis, translaté sus le rochier noilleux. (1555)
Bevor es zur Verwandlung der höchsten Gewalt kommt,/ wird ein recht wundersames Ereignis eintreten./ Der Acker umgegraben, die Säule aus Porphyr/ aufgestellt, überführt auf den Frohe-Weihnachts-Felsen.
2) Mittelfrz. n.m. cas u.a. Ereignis (événement), Angelegenheit (affaire) 3) Mittelfrz. v. muer wandeln (changer), aufrühren (troubler) Zur Säule s. Glossar unter -> colonne. 4) Das Wort noilleux gibt es auch mittelfrz. nicht, es ist ein Neologismus des Sehers. Er kann als Kontraktion aus Noel (Weihnachten) und joyeux (froh) aufgefasst werden. - Zum Felsen s. das Glossar unter -> roche.
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Vz 3/4 [Acker umgegraben/ Frohe-Weihnachts-Felsen] Im Gleichnis vom Weizen und vom Unkraut,
Matthäus Kapitel 13 Vers 24-43, bedeutet der >Acker< die Welt. Diesen >Acker< besät der
Himmel, aber auch der Gegner Gottes. Dieser >Acker< ist nach dem gewaltigen Naturgeschehen
des Kataklysmus >umgegraben<, d.h. man erhofft sich grundlegenden Wandel und reiche Ernte.
Aus dem Abgrund des kosmisch bedingten Naturgeschehens geht ein >nährender Felsen< hervor.
Der steht in 1/21 [III] für jenen Mann, der nach dem Kataklysmus erscheint und sich den Menschen als
Rettung und Zuflucht anbietet. Er wird den katholischen Christen als >wiedergekommener Christus<
ausgegeben, 1/95 [III]. Dieser >Fels< ( -> roche), d.h. dieser >Mann Gottes<, erhält hier das Attribut
noilleux, ein von N. frei gebildetes Wort, das vielfältig gedeutet werden kann. In den Kontext passt
die Idee, dass hier No(el) und joyeux kontrahiert sind - joyeux Noel wünscht der Franzose an
Weihnachten. Wer an die Wiedergeburt Christi in der Person des neuen Mannes glaubt, wird wegen
seiner >Geburt<, d.h. wegen seines erstmaligen Erscheinens auf der Bühne der Geschichte froh-
locken. Der Mann wird den Gläubigen als >Frohe-Weihnachts-Felsen< gelten.
Vz 3 [Säule aus Porphyr aufgestellt] In einer durch Krieg und Kataklysmus gewandelten Welt
wird >eine Säule aus Porphyr aufgestellt<. Auf Säulen ruht im Mythos der Himmel. Wer eine
>Säule< in einer durch eine gewaltige Katastrophe gegangenen Welt errichtet, will die Welt
erhalten, indem er den drohenden Sturz des Himmels verhindert. Es handelt sich hier um die
„vierte Säule, die man dem Saturn weiht“, 8/29 [VII], dem Herrscher des Goldenen Zeitalters des
Friedens, von dem der griechisch-römische Mythos erzählt. Porphyr ist in der Antike das den
Herrschern vorbehaltene Mineral. Wie in 9/32 [X] ist hier mit der >Porphyrsäule< eine Instanz
gemeint, die N. mit dem Kaisertum der römischen Antike vergleicht. Parallelen sind
a) der weltumspannende Anspruch und b) die personelle Union von politischer Macht und staat-
lichem Kult, 9/9 [X].
Wer Säulen errichtet und sie anbetet, stellt in Wahrheit einen Götzen auf. Das >Schauen auf
die Säule< ist bei Jesaja Kapitel 57 Vers 8 ein Bild des Götzendienstes.
Vz 4/2 [überführt auf Frohe-Weihnachts-Felsen/ wundersames Ereignis] Die >Säule< wird
>aufgestellt<, d.h. die internationale Instanz wird geschaffen, die das Gottesreich auf Erden
entscheidend tragen soll. Dann wird sie >überführt auf den Frohe-Weihnachts-Felsen<, d.h.
sie wird dem >neuen Heiligen<, 10/30 [IX], übertragen, der große Hoffnungen auf sich vereint.
Erst danach kommt es zu einer vollständigen „Verwandlung der höchsten Gewalt“.
Vz 1 [Verwandlung der höchsten Gewalt] An dem Kristallisationskern, den der >Wieder-
gekommene< darstellt, bildet sich gegen Widerstände und im Verlauf einiger Zeit, 4/21 [VII],
ein planetarer Kaiserkult heraus. Ein "mächtiger allgemeiner Kaiser, der seinesgleichen nicht
hat, dem ein jeder Gehorsam erweist", Sz 13, hat dann seinen Auftritt auf der Bühne der
Geschichte. Das erschien N. als ein „recht wundersames Ereignis“ - begreifbar, da es eine
mit dem antiken Kaisertum vergleichbare, die ganze (bekannte) Welt umspannende Herrschaft
seither nicht mehr gegeben hat. Völkerbund (1920-1946) und UNO (seit 1945) sind demokrati-
sche, säkulare und mit weniger Befugnissen ausgestattete Vorläufer des kommenden globalen
Regimes.
(5) will das Gottesreich a u f E r d e n bringen
10/80 Au regne grand du grand regne regnant,/ Par force d‘ armes les grands portes d‘ airain/ fera ouurir, le roy & duc ioignant,/ Port demoly nef à fons iour serain. (1568)
Im großen Reich regierend von großer Herrschaft her,/ wird er mit Waffengewalt die großen Tore aus Erz/ öffnen lassen, der König und Kriegsherr vereint./ Hafen zerstört, Schiff auf Grund, (an) heiterem Tag.
3) Zum Kriegsherr s. Glossar unter -> Duc. 4) Zum Tag s. Glossar unter -> iour.
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Vz 1 [Regierend von großer Herrschaft her …] Das „große Reich“ ist hier die ganze Welt, und
auch die „große Herrschaft“ entspricht der Angabe in Vers 1/4 [VIII], dass der gemeinte Herrscher
Alleinherrscher ist, im universellen, d.h. supranationalen Sinne der Antike, VH (30), und des Mittel-
alters, 2/47 [VII].
Vz 2/3 [… öffnet er die großen Tore aus Erz …] Seine Anhänger werden ihn für den Fürsten des
Gottesvolkes halten, der das verschlossene Tor des nur diesem Fürsten zugänglichen Heiligtums
durchschreiten kann, Ezechiel Kapitel 44, Verse 1 bis 3. Ihm werde es auch zuzutrauen sein, der
Menschheit als Ganzer die Tore des Gottesreichs zu öffnen. Diese wurden wie die Pforten der
Hölle gern als ehern bildlich dargestellt.
Vz 2/4 [--- mit Waffengewalt/ an heiterem Tag] Die gemeinten >Tore aus Erz< führen also ins Gottes-
reich und können daher auch nur in der >Waffenrüstung Gottes< eröffnet werden, über welche in Fülle
zu verfügen der gemeinte Herrscher keinen Zweifel lässt - nämlich im Panzer der Gerechtigkeit und
mit dem Schild des Glaubens (Paulus-Brief an die Epheser Kapitel 6). Die Menschen leben in einer
Epoche mit den scheinbar besten Friedensaussichten, also an einem >Tag<, wie er heiterer nicht
sein kann.
Vz 4 [Hafen zerstört, Schiff auf Grund] Der >Hafen< bedeutet die Aufnahmebereitschaft des Welt-
staats für die alten Religionen, 1/30 [X]. Seinen vermeintlichen Schutz anzulaufen, werden sie alle-
samt eingeladen sein. Der Preis für diesen Schutz wird sein, sich dem >neuen Heiligen<,
10/30 [IX]. zu verbinden und sich auf ihn zu verpflichten, 9/32 [X]. Schon nach wenigen Jahren wird
dieser >Hafen< zerstört, und die dort ankernden Schiffe werden geplündert, 1/30 [X], und >liegen
auf Grund<, sind Wracks, 5/65 [XII].
02/45 Trop le ciel pleure l‘ Androgyn procrée,/ Pres de ce (!) ciel sang humain respandu,/ Par mort trop tarde peuple recrée/ Tard & tost vient le secours attendu. (1555)
Stark weint der Himmel, wenn der Zwitter erschaffen ist./ Nah bei diesem Himmel (wird) menschliches Blut vergossen./ Durch (dessen) sehr späten Tod (wird) ein großes Volk neu erweckt./ Spät und bald kommt die ersehnte Hilfe.
1) Aus der weiblichen Endung procrée für die Deutung etwas abzuleiten, ist kaum sinnvoll, da ein Androgyn nun einmal nicht festgelegt ist hinsichtlich des Geschlechts. Eine neutrale Endung gibt es eben im Französischen nicht.
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Vz 1 [Stark weint der Himmel …] Zum Kataklysmus gehören außerordentliche Regenfälle und
Überschwemmungen [II]. „Der Himmel weint“ naturmäßig. Aber er trauert auch, da zur selben Zeit
der >Zwitter< erschaffen wird, von dem sich viele Menschen werden verführen lassen. Es betritt
dann erstmals jener Mann die Bühne der Geschichte, der später zur Weltherrschaft greifen kann,
weil er die Hoffnungen und Wünsche sehr vieler Menschen artikuliert und für sich nutzbar macht.
Im christlichen Bereich wird er als >wiedergekommener Christus< gefeiert werden, 1/95 [III].
Vz 1 [… wenn der Zwitter erschaffen ist] Ein Androgyn ist weiblich und männlich zugleich, ein
Zwitter. Dieser steht geistig für die Einheit und Vollkommenheit, die vor dem Ursprung der Welt ist.
Der Androgyn ist Symbol für die Rückkehr vor den Ursprung der Welt, in das wiedergewonnene
Paradies, das Reich Gottes. Er steht für die Heiligkeit Christi, der nach dem Bekenntnis der Kirchen
zugleich wahrer Mensch und wahrer Gott ist, also Himmel und Erde in seiner Person zusammen-
bringt. Wenn ein Mann als Heiliger und wiedergekommener Christus gefeiert werden wird, wird diese
Prophezeiung erfüllt sein. Die Frage wird sein, ob man diese Einschätzung glauben kann oder nicht.
Ein Unterschied zwischen Christus und dem neuen Mann scheint zu sein, dass der Neue seine
Heiligkeit vor sich her trägt und sich feiern lässt, 8/74 [VII], 10/71 [X]. Christus dagegen hat meist
im Stillen gewirkt und hat sich nicht feiern, noch nicht einmal „guter Meister“ nennen lassen,
Markus Kapitel 10 Vers 17,18, sondern ist freiwillig in einen grausamen Tod gegangen. Menschen,
die sich als heilig ausgeben lassen, stehen daher im Verdacht der Täuschung und der Heuchelei.
Vz 2 [Nah bei diesem Himmel Blut vergossen] Christus will, dass die Herzen der Menschen sich
bessern, während der >neue Heilige<, 10/30 [IX], die irdischen Verhältnisse durchgreifend zum
Besseren hin wird verwandeln wollen. Zum meist unausgesprochenen Selbstverständnis des welt-
lichen Ideologen gehört es seit der Aufklärung, es für möglich zu halten, dass die Welt im Ganzen zu
bessern sei. Als Prachtexemplar dieses Typus wird der >neue Messias< vorgeben, im Besitz der
Vollmacht zu sein, das Heil und den Frieden des Himmels auf die Erde herab zu bringen. Wer
schaffen will, was für Menschen in Wahrheit nicht möglich ist, muss am Ende Zwangsmittel einsetzen.
Schon nach wenigen Jahren, in engem zeitlichem Zusammenhang (pres de ce ciel) wird das Regime
des vermeintlichen Heiligen totalitär werden. Es wird dann menschliches „Blut vergossen“, das Blut
derer nämlich, die am Christus und am alten Glauben festhalten.
Vz 3/4 [Großes Volk neu rerweckt/ ersehnte Hilfe] Erst im letzten Krieg auf der alten Erde erhalten
die Ausgegrenzten und Verfolgten die „ersehnte Hilfe“. N. erkennt darin, dass erneut ein christlicher
König vom französischen Volk hervorgebracht wird, dessen >Erweckung zu neuer Schöpferkraft<
nach langer >Unfruchtbarkeit<, VH (12).
(6) Steht wie der oberste Gott der römischen Antike im Mittelpunkt
eines staatlichen Kultes
Der Name des obersten Gottes der römischen Antike, mit dem N. den Weltherrscher belegt,
sagt allein schon aus, dass diesem Mann auch religiöse Verehrung zuteil wird. Die deutlichste
Stelle hat dann Vers 10/71 [X], wo es heißt, dass man aus der ganzen Welt kommen wird,
diesen Mann zu „verehren“ (venerer) als jemanden, der „so schön ist, wie nie einer war“.
(7) Urteilt als Richter über Vergangenheit und Gegenwart
10/73 Le temps present auecques le passé/ Sera iugé par grand Iouialiste,/ Le monde tard luy sera lassé,/ Et desloial par le clergé iuriste. (1568)
Die Gegenwart wird zusammen mit der Vergangenheit/ ihr Urteil erhalten durch den großen Jupitermann./ Die Welt wird spät seiner müde sein,/ und (für) untreu (wird er erklärt) durch Kirchenjuristen.
2) Adj. jovial fröhlich, frohsinnig; das Suffix –iste zeigt an, dass jemand Anhänger einer Lehre ist oder einen Beruf ausübt (z.B. socialiste oder journaliste); Iovialiste, ein von N. gebildetes Wort, ist Anhänger einer frohen Lehre oder eines frohen Berufs. 4) Das n.m. iuriste wird hier wie das Adjektiv juridique verwendet, damit es sich reimt. N.m. clergé Klerus; genau übersetzt also: juristischer Klerus, d.h. Kleriker mit der Befugnis, kirchenrechtliche Urteile zu sprechen.
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Vz 1/2 [Großer Jupitermann urteilt über Vergangenheit und Gegenwart] Den Namen des obersten
Gottes der römischen Antike verwendet N. als Chiffre für den Weltherrscher. Es scheint, dass er
sich auf ein sehr hohes Ross setzt, um vom hohen Thron seiner Gegenwart über die Vergangenheit
zu richten. Er verwirft die vergangenen Epochen, um für die Zeit seiner Herrschaft das prophetisch
verheißene Friedensreich in Anspruch zu nehmen und als nunmehr erreichtes >Ziel< der Geschichte
auszurufen, 5/53 [VII]. Denn es sei nun >Er< nicht nur anwesend (présent), 5/31 Vz 2 [III], sondern
habe sich - anders als 2000 Jahre zuvor - auch durchsetzen können.
Vz 3/4 [Spät will man ihn loswerden/ Kleriker erklären ihn für untreu] In der Vergangenheit habe es
nur >unvollkommene Vorstufen< des nun Erreichten gegeben. Die Perfektionierung des Über-
windens der Vergangenheit führt am Ende dazu, dass die Glaubenslehren der alten Religionen
verboten und von der Oberfläche der Erde verbannt werden, VH (43). Später, wenn die Macht
>Jupiters< gebrochen ist, werden Kirchenleute ihm dann anscheinend vorwerfen, er sei dadurch
seiner Rolle als wiedergekommener Heiland und seinem Bündnis mit der Kirche „untreu“ geworden.
Dass er der, für den sie ihn hielten, niemals war, scheint ihnen dann immer noch nicht in den Sinn
zu kommen. Dann müssten sie zugeben, dass sie einer fatalen Fehleinschätzung erlegen sind.
(8) Gilt als zuständig für Religion, ist aber rein weltlich orientiert
Dass der zum Weltherrscher Aufgestiegene sich als zuständig für Religion ansehen wird, geht
schon aus den Sinnbildern des >landtauglichen Fisches< wie des amphibisch lebenden Krokodils
hervor, mit denen N. Wesen und Wirken des Weltherrschers verhüllt. Siehe zum >Fisch< die Verse
1/29 [III] und 3/21 [III] und zum >Krokodil< die Sechszeiler 19 und 45. In Vers 1/27 [V] wird er aus-
drücklich einmal als „Zuständiger“ oder „zuständige Instanz“ (ressort) bezeichnet. Seine Zuständig-
keit für Religion wird nicht nur beansprucht, sondern auch anerkannt, was Vers 2/73 [s.u.] mit dem
Bild der >drei Kronen< erfasst, die ihm verliehen werden. In Wahrheit ist er ein Wesenloser, der
„überhaupt kein Verständnis“ für die Rückbindung des Menschen an den Schöpfer hat, 1/22 Vz 1.
01/22 Ce qui viura & n‘ aiant aucun sens,/ Viendra leser à mort son artifice:/ Autun, Chalon, Langres & les deux Sens,/ La gresle & glace fera grand malefice. (1555)
Was leben wird, ohne irgendein Verständnis zu haben,/ wird (so weit) gehen, seinen Schöpfer tödlich zu verletzen./ In Autun, Chalon, Langres und den beiden Sens/ werden Hagel und Eis großen Frevel anrichten.
1) Das n.m. sens kann u.a. bedeuten, einen Sinn für etwas zu haben, z.B. Kunstverständnis (sens artistique) oder Schönheitssinn (sens esthétique). Mittelfrz. n.m. sens Sachkunde (compétence), Weisheit (sagesse), Verständigkeit (bon sens). 2) Altfrz. n.m. arteficien Künstler, Schöpfer > lat. n.m. artifex 4) Das moderne n.m. maléfice ist auf die Bedeutung „Verhexung“ eingeengt. Mittelfrz. n.m. malefice Missetat (méfait), Vergehen, Frevel (délit), Bann (sortilège).
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Man hat hier die Entdeckung des Radiums oder eine Super-Gau in Burgund vermutet. Doch radioaktives
Material ist zwar gefährlich für lebende Organismen, lebt aber nicht selbst; außerdem werden Hagel und
Eis nicht erklärt. Pfändler (1996 S. 69) erkennt einen Zauberlehrling, d.h. einen Erfinder, der durch seine
Erfindung getötet wird, und die zweite Vershälfte schildere eine Wetterkatastrophe in Burgund; wie beides
zusammenhängt, bleibt offen.
Vz 1 [Was leben wird, ohne irgendein Verständnis zu haben] Hier ist ein Geschöpf gemeint, das N.
als wesenloses Neutrum kennzeichnen will, das überhaupt keinen Sinn für Religion hat. Was diesem
Mann vollständig fehlen wird, ist religiöse Urteilskraft; das Denken des >neuen Weisen<, 4/31 [III],
wird in Wahrheit rein diesseitig orientiert sein, 5/36 [X]. Seine Rede von Gott und dem Gottesreich
bezieht sich nur auf das Erdenleben und den irdischen Aufbau.
Vz 2 [… wird so weit gehen, seinen Schöpfer töten zu wollen] N. setzt als Christ voraus, dass in
Christus der Schöpfer auf Erden anwesend war und ist, Matthäus Kapitel 28 Vers 20. Weder den
Schöpfer noch Christus wird dieser Mann verletzen oder töten können. Aber sein Bemühen wird sich
darauf richten, die Erinnerung an Christus von der Erde zu tilgen, wofür Vers 3/72 [XI] das Bild des
zweiten Begräbnisses gibt. Dadurch bringt er jene Christen in Bedrängnis, die am alten Glauben
festhalten und mit der >neuen Religion<, die am Ende verordnet wird, nichts zu tun haben wollen.
Vz 4 [Hagel und Eis richten Frevel an] Hagel bereitet im Alten Testament den Exodus des von Gott
erwählten Volkes aus der Knechtschaft vor. >Hagel< gehört zum >Unwetter mit Blitz und Donner<,
ein Sinnbild, das den Bann gegen die alten Religionen verhüllt. Die >Vereisung des Weltmeers<
bedeutet die Erstarrung und Verödung des ganzen Bereichs der Religion in der letzten Zeit der alten
Erde, 10/71 [X]. Die öde Eiswüste ist ein Bild für die >neue Religion<, die die Menschen vom
Schöpfungsgrund (Gott) abschneiden will. Darin, dass die alten Zugänge versperrt werden sollen,
erkennt N. einen großen „Frevel“.
Vz 3 [Städte] Die Städte Chalon-sur-Saône und Autun liegen in Burgund, Langres nördlicher
nahe der Quelle der Marne. Von dort auf halbem Weg nach Paris liegt der alte Erzbischofssitz Sens.
Ein nennenswertes zweites Sens gibt es nicht. Von Sens und Autun geht in 2/74 eine Bewegung
aus, deren Richtung angegeben wird, ohne dass klar wird, worum es eigentlich geht. Ein „großer
Prälat von Sens“ macht in 6/86 [V] von sich reden; es handelt sich vermutlich um den letzten Papst.
(9) Bekommt Macht über die drei Offenbarungsreligionen
02/73 Au lac Fucin de Benac le riuaige/ Prins du Leman au port de l‘ Orguion:/ Nay de troys bras predict belliq image,/ Par troys couronnes au grand Endymion. (1555)
Vom Ufer des Fucinersees bis zum Ufer des Gardasees/ aufgenommen bis zum Genfer (See) vom Hafen des Goldführers./ Entstanden (das) vorhergesagte kriegerische Bild dreier Arme,/ mit drei Kronen (geht es) gegen den großen Endymion.
1) In den Abruzzen östlich von Rom gab es bis ins 19. Jahrhundert einen See namens Lago Fucino. Lacus Benacus ist der lat. Name des Gardasees. 2) Orgon im Delta der Rhône ist ein winziges Nest ohne Hafen. So bietet sich eine andere Möglichkeit an: das n.m. or Gold, verbunden mit dem altfrz. n.m. guion Führer, ergibt orguion, einen >Goldführer<, s.a. -> or. 4) Die Wendung faire la guerre à qu., die man hier interpolieren darf, bedeutet „jemanden bekriegen“; daher die Übersetzung mit „gegen“.
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Vz 4 [Drei Kronen] Der Mann, den Juden für ihren Messias halten, 6/18 [III], wird dann, von den
Kirchen anerkannt und tatkräftig gefördert, auch vielen Christen als >wiedergekommener Heiland<
gelten, 1/95 [III]. Den Anhängern des Propheten Mohammed ist ein >Mahdi<, d.h. ein Gottgesandter
versprochen, der den Islam und die Welt erneuern werde. An der Umwandlung der Farbe des Islam
(grün) in andere Farben, 10/30 Vz 4 [IX], ist ablesbar, dass der >neue Heilige< auch diese >Krone<
erhalten wird. So kommt man auf >drei Kronen<, die ihm verliehen werden - wahrscheinlich in der
angegebenen Reihenfolge.
Vz 2 [Hafen des Goldführers] >Gold< steht bei N. für die Lehren der christlichen Religion. Ein
>Goldführer< ist demnach ein religiöser Führer, dessen Lehren von Christen als christlich inspiriert
aufgefasst werden. Sein >Hafen< signalisiert die von diesem Führer signalisierte Bereitschaft,
>Schiffe< aufzunehmen, 1/30 [X], die für die alten Glaubensgemeinschaften, ihre Lehren wie ihre
Anhänger stehen. Die Aufnahmebereitschaft seines >Hafens< bedeutet die Akzeptanz der alten
Lehren und ihrer Anhänger durch die neue religiöse Autorität.
Vz 3 [Dreier Arme …] Je mehr Ansehen ihm zuwächst, desto mehr wird sich sein Werben in ein
Deutungsmonopol verwandeln, das er für die alten Religionen beansprucht, 1/79 [X]. Seine An-
häner innerhalb dieser drei alten Religionen werden zu >drei Armen<, 5/86, d.h. zu seinen Macht-
mitteln, die er einsetzen kann, um die alten Lehren zu verdrängen.
Vz 4 [Großer Endymion] Die Mondgöttin Selene liebte den Jüngling Endymion und bat Zeus, ihm
ewige Jugend zu verleihen, damit sie ihn immer für sich haben könne. Zeus entsprach der Bitte,
aber nur um den Preis, dass Endymion in ewigen Schlaf verfiel. Während seines todesähnlichen
Schlummers besuchte die Göttin ihren Liebling allnächtlich.
Zeus alias Jupiter als Chiffre für den Weltherrscher und der Mond alias Göttin Selene als Symbol
für die Offenbarung Gottes durch Mohammed sind geläufig. Endymion steht für jene Europäer, die
>sich von Zeus in Schlaf versetzen lassen<. Anders als die spröden Jünglinge Hippolyt, 5/52 [XV],
und Bellerophon, 8/13 [IV], träumt Endymion im geistigen Dauerschlaf vom Islam, 10/97 [IX],
dessen Anhänger nach Europa vorgedrungen sind in der Zeit, da >Zeus< auf den Plan getreten ist.
Vz 3 […kriegerisches Bild] Wenn dann die >Arme< eingesetzt werden, gibt es für den leblosen
Endymion, die von Zeus hypnotisierten Christen, zuoberst den Papst, ein böses Erwachen, 6/86 [V].
Der Traum von einer Zeit des Friedens wird ausgeträumt sein, wenn die Lehren des Zeus sich
zu einer >neuen Religion< verdichtet haben, die überall durchgesetzt werden soll.
Vz 1/2 [Seen] Von Mittelitalien (Fucinersee) über Oberitalien (Gardasee) bis in die Schweiz sah
N. die Menschen überlaufen zum >großen Goldführer<. Aber das geschieht darüber hinaus in
ganz Europa, 1/52 Vz 3/4.
(10) Die christliche Religion gilt beim Regime nicht mehr viel
Vers 9/12 wird in der Vorschau [X] besprochen. Dort wird das Bild gegeben, dass die >Statuen
Dianas und Merkurs< nur >aus Silber bestehen< und >sich im See befinden<. Gemeint ist, dass
die Sprachbilder des Neuen Testaments gegenüber den Schöpfungen eines >Formgebers< als
zweitrangig gelten und dann auch gänzlich vergessen werden sollen.
(11) Am Weltherrscher scheiden sich die Geister
01/45 Secteur des sectes grand preme au delateur:/ Beste en theatre, dressé le ieu scenique:/ Du faict antique ennobli l‘ inuenteur,/ Par sectes monde confus & scismatique. (1555)
Ausschlachter der Sekten (lobt aus) große Belohnung dem Denunzianten./ Tier im Theater, (wieder) aufgerichtet Bühnenspiel./ Für antike Tat (wird er) hoch geehrt, der Erfinder./ Durch Sekten (ist die) Welt verwirrt und gespalten.
1) N.m. secteur Sektor, Bereich. Aber hier ist offenbar eine Person gemeint. Lat. n.m. sector Abschneider, Zerschneider. N.f. prime Zuschlag; Belohnung vom Staat > lat. n.n. praemium Belohnung 4) Das Verbum ennoblir adeln, auszeichnen erfasst wie das Wort secte in Vz 1 die Wertung der Zeitgenossen, nicht die des Sehers, s.a. -> secte.
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Vz 1/3 [Ausschlachter der Sekten/Erfinder] Der >größte Philosoph aller Zeiten<, 5/31 [III], wird die
Lehren der alten Religionen neu deuten und sie in ganz neue Zusammenhänge stellen. Seine Lehren
bestehen aus Versatzstücken alter Glaubenslehren, 6/10 [X], die mit nachschöpferischer Phantasie
zusammengerührt, 1/96 [s.u.], und philosophisch >aufgeblasen< werden, 8/28 [X]. Der >neue Weise<,
4/31 [III], greift souverän in den Fundus der Geschichte und deutet das Vorgefundene um, wie es ihm
beliebt und wie es zu seinem Machtkalkül passt, 9/9 [X].
Jene Mitglieder der alten Glaubensgemeinschaften, die an ihrem jeweiligen tradierten Glauben fest-
halten und sich den Neudeutungen ihrer Religion entziehen wollen, geraten in den Verdacht, Sektierer
zu sein, die nicht aufgeschlossen genug sind für die moderne Entwicklung. Der Verdacht der Sektie-
rerei fällt damit auf die alten Religionen als ganze; zum Begriff der Sekte bei N. s. das Glossar.
Später >erfindet< der grandiose Philosoph etwas >ganz Neues<, eine >neue Religion<, die an die
Stelle der alten Religionen treten und sie ganz verdrängen will, s. Vorschau [X].
Vz 4 [Durch Sekten ist die Welt verwirrt und gespalten] In den Glaubensgemeinschaften werden sich
Gegner und Befürworter des >neuen Heiligen<, 10/30 [IX], finden. Dadurch wird ein Keil in die alten
Kirchen getrieben, VH (14) . Die Menschen werden sich entscheiden müssen, was sie vom Kult des
Weltstaats und dem an der Spitze stehenden Mann halten. An ihm sollen sich die Geister scheiden,
Matthäus Kapitel 25 Vers 32. Unter dem zunehmenden Anpassungs- und Auflösungsdruck eines
globalen Regimes spalten sich die alten Glaubensgemeinschaften in mehr oder weniger anpassungs-
bereite Teilkirchen und widerständige Gemeinden, VH (14). In diesem Sinn ist „die Welt verwirrt und
gespalten“.
Vz 1/3 [Belohnung dem Denunzianten/ Geehrt für antike Tat] Wenn das Regime durch die Verkündung
der für alle Menschen verbindlichen >neuen Religion< offen totalitär geworden ist, werden die Menschen
durch „Belohnung“ verführt, Andersdenkende zu benennen. „Dann werden viele zu Fall kommen und
einander hassen und verraten“, Matthäus Kapitel 24 Vers 10.
Das >antike Theater< ist bei N. Sinnbild der >Weltfriedensordnung<, die er mit dem Kaiserreich der
römischen Antike vergleicht, VH (30). In der römischen Kaiserzeit kommt es immer wieder zur Verfol-
gung von Christen, die nicht vor dem Bild des vergöttlichten Kaisers opfern wollten, weil die in Jesus
Christus den einzigen Gott erkannten und verehrten. Im vorliegenden Vers drängt sich der Eindruck
auf, dass das „Theater“ nicht nur ein Sinnbild ist. In dem öffentlich inszenierten >Spiel< besteht
anscheinend die „antike Tat“. Die im alten Rom dabei eingesetzten Tiere dienten zur Tötung der
menschlichen Opfer. Auch Vers 10/74 handelt von „Spielen“, in denen Menschen >geopfert<, d.h.
ihre Tötung religiös >gerechtfertigt< wird.
03/34 Quand le defaut du soleil lors sera,/ Sus (!) le plain iour le monstre sera veu./ Tout autrement on l' interpretera./ Cherté n' a garde: nul y aura pourveu. (1555)
Wenn das Fehlen der Sonne da sein wird,/ wird oben den ganzen Tag das Ungeheuer zu sehen sein./ Ganz anders wird man es deuten./ Vor der Teuerung hat (man) keinen Schutz, wird gar nichts vorausgesehen haben.
2) Mittelfrz. sus als Adverb: oben (en haut), obendrauf (dessus); als Präposition: auf (sur), bei (chez), (zeitlich) gegen (vers). 4) V. pourvoir vorsorgen > lat. v. providere voraussehen, Vorkehrungen treffen
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Vz 2 [Ungeheuer ...] Das >Ungeheuer< ist jener Mann, der sich als wiedergekommener Christus
ausgeben lässt, 1/95 [III], es aber nicht ist, wie sich an seinen Taten dann erweist. Er ist auch der
"Andere, der seine Alleinherrschaft errichtet", 1/48 [II]. Er ist der
- >siamesische Zwilling<, mit Christus geistig angeblich engstens verwandt, 1/58 [IV],
- der >missgebildet Geborene<, 5/97,
- der >Zwitter<, 2/45 [s.o.], der angeblich Himmel und Erde in seiner Person zusammenbringt,
- einer mit den >zwei Zähnen im Rachen< als Zeichen seiner verborgenen Aggressivität, 2/7 [III],
- ein >schrecklicher Fisch mit menschlichen Antlitz<, 3/21 [III], der aus dem Bereich der Religion
(>Meer<) stammt und dann in die Politik geht (>an Land kommt<), 1/29 [III].
Das Empfinden der Ungeheuerlichkeit kommt davon, dass der christliche Anschein des Gemeinten
und sein in Wahrheit unchristliches, sogar antichristliches Wesen extrem weit auseinander liegen.
Die körperlichen Abnormitäten sind also Entsprechungen geistiger Abnormität; der Mann i s t
seinem >Wesen< nach die Lüge; sein >Wesen< aber ist Metapher für seinen Ungeist, denn er hat
kein Wesen und keinen Geist, ist vielmehr ein Wesenloser, 1/22 [s.o.].
Vz 2 [... den ganzen Tag oben zu sehen] Die Zeit der Herrschaft des Weltherrschers, 1/4 [s.o.],
ist die letzte Zeit der alten Erde; sie heißt auch der >Tag Jupiters<, 10/71 [X]. Am "ganzen Tag",
in der ganzen letzten Zeit der alten Erde wird dieser monströse Mensch "oben zu sehen sein",
wird >den Himmel ausfüllen<, d.h. die Ideologie der >Weltfriedensordnung< [X] beherrschen.
Vz 1 [Dann ist das Fehlen der Sonne da] Wenn er seine Herrschaft voll entfaltet, wird die
christliche Religion auf Erden nicht mehr geduldet sein, VH (39), VH (43). In diesem Sinne
also >wird die Sonne fehlen<, die Sonne als Symbol für den in Christus offenbar gewordenen
Gott (-> or).
Vz 3 [Man deutet es ganz anders ...] Die ganz andere Deutung des Ungeheuers ist seine
Einschätzung als Heilsbringer und Friedensgarant, die weithin die Öffentlichkeit beherrscht.
Als monstrum werden in der Antike grausige Zeichen göttlichen Ursprungs bezeichnet; der
Gemeinte dagegen wird als positives, vielversprechendes Zeichen göttlicher Herkunft auf-
gefasst werden, 2/73 Vz 4 [s.o.].
Vz 4 [ ... und hat keinen Schutz vor der Teuerung] Die >Teuerung< trifft jene, die am alten
Glauben festhalten wollen. Das wird sie mehr kosten als zuvor, nämlich letztlich ihren Platz in
der Gesellschaft, wie aus der Offenbarung des Johannes zu entnehmen ist, Kapitel 13 Vers
15 bis 17. Einen Schutz könnten Gemeinden bieten, die das Ungeheuer als solches erkennen;
aber anscheinend ist die Verführungsmacht des >Tieres< so groß (Kapitel 13 Vers 14), dass
es solche Gemeinden kaum gibt.
Vz 4 [hat gar nichts vorausgesehen] Dazu passt es auch, dass >man< "gar nichts voraus-
gesehen" hat, gar nicht vorbereitet ist. Das bedeutet auch, dass der Seher seinen eigenen
Misserfolg mit vorausgesehen hat, dass nämlich so gut wie niemand auf ihn hören werde.
(12) Und die Geister s o l l e n sich von Gott her an ihm scheiden
01/96 Celui qu‘ aura la charge de destruire/ Temples, & sectes, changes par fantasie,/ Plus aux rochiers qu’ aux viuâs viêdra nuire/ Par langue ornée d‘ oreilles resaisies. (1555)
Der die Aufgabe haben wird, zu zerstören/ Tempel und Sekten, durch Einbildungskraft verwandelte,/ wird mehr den Felsen als den Lebenden schaden./ Durch brillante Rede (werden) die Zuhörer zurückerobert.
3) Venir mit Infinitiv bezeichnet meist ein zweckbestimmtes Tun. Was getan wird, sagt das infinite Verb, während die Form von venir nur Tempus und Numerus beisteuert. 4) V.t. ressaisir wieder ergreifen, zurückerobern (v. refl. se ressaisir sich wieder fassen, sich wieder in die Gewalt bekommen)
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Vz 4 [Durch brillante Rede Zuhörer zurückerobert] Seine inspirierte Redegabe lässt ihn „brillante“
oder „geschmückte Reden“ halten. Dies und die Zeichen, die er zu wirken oder zu inszenieren
versteht, 4/24 [III], werden die dafür empfänglichen Menschen beeindrucken. Massenweise werden
sie von ihm abgeworben, wörtlich „an den Ohren wieder ergriffen“ oder „zurückerobert“ werden.
Das Zurückerobern hat zwei ganz verschiedene Bedeutungen, je nach dem, wer der große Rheto-
riker ist. Wer daran glaubt, es mit dem >wiedergekommenen Christus< zu tun zu haben, wird
meinen, nun endlich erkläre einer die christliche Lehre auf eine Weise, dass man es auch glauben
könne; er wird meinen, für den schon verlorenen Glauben wiedergewonnen zu sein. Wenn der
>neue Weise<, 4/31 [III], aber nicht der ist, für den er sich ausgeben lässt, werden seine Zuhörer,
die sich für Christen halten, von einem Verführer zurückerobert, also vom wirklichen Christus wieder
abgeworben. „Gebt acht, dass euch niemand irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen
auftreten und sagen: Ich bin der Messias, und werden viele irreführen.“ (Matthäus Kapitel 24 Vers
4,5 [Einheitsübersetzung]).
Vz 2 [Der Tempel und Sekten phantasievoll verwandelt …] Der brillante Philosoph wird die Lehren
der alten Religionen neu deuten und in andere, weltliche Zusammenhänge stellen; die wahre
Bedeutung der Religion sei es, die Moral der Menschen zu bessern und dem Aufbau einer fried-
lichen Welt zu dienen. „Durch Phantasie verwandelt“, sollen Kirchen und Glaubensbekenntniss
ihren Beitrag zum irdischen Aufbau leisten, statt die Menschen für das Leben mit Gott in der
Ewigkeit vorzubereiten.
Vz 1/2 [… hat die Aufgabe sie zu zerstören] Die Menschen werden sich entscheiden müssen, was
sie von dem >neuen Weisen<, 4/31 [III], und seinen Lehren halten; es wird Gegner und Befürworter
geben. Die Glaubensgemeinschaften der alten Religionen werden gespalten, 1/45 [s.o.], in abseits
Stehende, die ihren alten Glauben bewahren wollen, und begeisterte Anhänger des neuen Mannes.
Nur wenige Jahre nach dem Kataklysmus werden die Inhalte der alten Religionen verboten, „das Alte
wird fortgeschafft“, 4/32 [VII]. Wenn es hier heißt, der brillante Rhetoriker habe „die Aufgabe“, die
alten Glaubensgemeinschaften zu zerstören, dann ist das die Perspektive des Himmels, der auch
die zerstörerischen Kräfte zu nutzen weiß. An der >neuen Religion< des Weltstaats [X] und ihrem
Erfinder sollen sich die Geister scheiden. An der Brutalität des Regimes wird ein jeder dessen
unchristliches Wesen erkennen können. Wer aus Überzeugung oder Angst mitmacht, wird zum
Mittäter der Zerstörung.
Vz 3 [schadet aber den Lebenden nicht] Schaden wird dabei „mehr den Felsen als den Lebenden“
zugefügt. Mit den (geistig) Lebenden sind jene Menschen gemeint, die wegen ihres tätigen und
daher lebendigen Glaubens nur äußerlich betroffen sind, weil dann die öffentlichen Formen der Aus-
übung (Gottesdienste usw.) nicht mehr zugelassen sind. Die toten >Felsen< sind im Kontext jene
Menschen, deren Glaube nicht lebendig war, was sich in der Bedrängnis daran erweist, dass sie
ihn bereitwillig aufgeben.
(13) Ist hinter den Seelen der Menschen her
02/09 Neuf ans le regne le maigre en paix tiendra,/ Puis il cherra en soif si sanguinaire:/ Pour luy grâd peuple sans foy & loy mourra/ Tué par vin beaucoup plus (!) de bonnaire. (1555)
Neun Jahre wird der Magere die Herrschaft im Frieden innehaben,/ dann wird er einem wahren Blutdurst verfallen./ Wegen ihm wird ein großes Volk ohne Glaube und Gesetz zugrundegehen./ Getötet (wird er) durch einen sehr viel Edleren.
3) Die Wendung avoir ni foi ni loi, die hier anklingt, bedeutet: keinen Glauben und keine Moral besitzen, gewissenlos sein, zu allem fähig sein. 4) de bonnaire ist ein verschriebenes debonnaire gutmütig, edelmütig.
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Vz 1/4 [Ein Herrscher neun Jahre hält Frieden, führt dann Krieg] Erst Frieden, dann Krieg, und zwar
unter demselben Herrscher - das erinnert an Vers 1/4 [s.o.], demzufolge einer von der ganzen Welt
zum Alleinherrscher gemacht wird, der dann „nicht lange“ Frieden hält. Aus Vers 8/69 [VII] ergibt sich,
dass die herkömmlichen Religionen z e h n Jahre lang gleichberechtigt nebeneinander stehen, ehe
sie „niedersinken“; hier sollen es neun Jahre des Friedens sein. Der gemeinte Herrscher wird in
der Zeit des Kataklysmus und des voraufgehenden Krieges „seinen Ursprung finden“, 9/84 [III],
und erstmals öffentlich in Erscheinung treten. Die Herrschaft wird er aber erst nach einiger Zeit
antreten können, 4/95 [VII]. Die neun oder zehn Jahre des Friedens sind wahrscheinlich vom
Antritt der Herrschaft an zu rechnen.
Vz 1 [Der Magere] Die Magerkeit seiner Gestalt ist nicht wörtlich, sondern sinnbildlich zu verstehen.
In der bildenden Kunst des Spätmittelalters werden der Teufel und seine Dämonen entsprechend dar-
gestellt. Die bekannten Rudimente aus dem Tierreich (Hörner, Huf, Schweif) verbinden sich dort mit
einer bis zum Skeletthaften gehenden Abmagerung. Sie bedeuten die Abwesenheit gottgeschenkten
Lebens sowie den Hunger auf die Seelen der Menschen. Wie N. den Gemeinten einschätzt, wird
hinreichend deutlich.
Vz 2/3 [Blutdurst/ großes Volk stirbt ohne Glaube und Gesetz] Auch der Blutdurst ist ein Sinnbild.
>Blut und Substanz< der Kirche, 10/65 [XI], stehen für die Glaubensinhalte der Kirchen, die Christi
Gang ans Kreuz und das von ihm vergossene reale Blut als erlösende Tat deuten; von diesem
>Blut<, von diesem Glauben leben die Kirchen und ihre Gläubigen. Wem dieses geistige Blut
entzogen wird bzw. wer es sich entziehen lässt, stirbt nach alter Vorstellung den Seelentod, d.h.
ihm bleibt das Leben in der Ewigkeit verschlossen. Nach dem >Blut Christi< wird es den >Mageren<
dürsten, d.h. er wird nach einer Zeit mit den scheinbar besten Friedensaussichten die alten Glaubens-
lehren kassieren. Die katholische Kirche gilt dem Seher als „große Gründung“, 1/69 [VII], und die
katholischen Christen gelten ihm als „großes Volk“, weil sie dem Glauben an den wahren Erlöser
Jesus Christus anhängen. Dieser Glaube soll ihnen genommen werden, wenn der >Magere< in
seinen >Blutdurst< verfällt. Dass die katholische Christenheit >ohne Gesetz und Glaube stirbt<,
bedeutet, dass dem >Mageren< sein Vorhaben weitgehend, aber nicht vollständig gelingt, weil
ihm dann doch Gegner erstehen, Vz 4.
Vz 4 [Getötet durch einen sehr viel Edleren] Einmal wird die Bedrängung der dem alten Glauben
treu bleibenden Christen durch die vom Weltherrscher aufgehetzten Menschen ein Ende haben;
denn er wird „getötet durch einen sehr viel Edleren“. Gemeint ist der spätere Herrscher von Europa,
der am Ende als Sieger hervorgeht, 6/70 [XIV].
(14) Gebietet auch militärischer Macht
09/80 Le Duc voudra les siens exterminer,/ Enuoyera les plus forts lieux estranges,/ Par tyrannie Bize & Luc ruiner,/ Puis les barbares sans vin feront vendanges. (1568)
Der Kriegsherr wird die Seinen endgültig ausrotten wollen,/ losschicken wird er die bestgerüsteten Orte der Fremden,/ durch Tyrannei Pisa und Lucca zu zerstören./ Dann werden die Barbaren ohne Wein Weinlese halten.
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Vz 4 [Weinlese ohne Wein] Eine >Weinlese ohne Wein< ist ein Sinnbild. Im Gleichnis vom Weinstock,
Johannes Kapitel 15, hat Christus ein Bild für sein Verhältnis zu den Menschen gegeben. Er selbst
ist darin der Weinstock, an dem die Reben - die Menschen im Erdendasein - wachsen und aus dem
sie leben können. Die Reben sind nicht um ihrer selbst willen da, es sollen Trauben an ihnen reifen.
Die Trauben stehen für die Früchte, die im Erdenleben reifen und in der Ewigkeit verzehrt werden.
Sie bedeuten, dass alles aus dem Geist Christi Getane nicht verloren ist, sondern den Reichtum des
Lebens in der Ewigkeit ausmacht: „Sie sollen ausruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke begleiten
sie“, Offenbarung Kapitel 14 Vers 13. Bei der Weinlese wird die Traube von der Rebe abgetrennt,
der Geistleib (Seele) trennt sich vom irdischen Leib. Durch den Genuss von Wein wird im christlichen
Ritus Gemeinschaft mit Christus hergestellt. Die Taten derer, die >Weinlese halten< geschehen
>ohne Wein<, d.h. begründen keine Gemeinschaft mit Christus. >Barbaren< töten Christen und
stellen sich dadurch gegen Gott.
Vz 4/2 [Barbaren, Fremde] Es sind „Barbaren“, Menschen von „fremden Orten“, deren Tun im Bild
der Weinlese erfasst wird. „Barbaren“ sind für N. alle, die dem katholischen Glauben nicht anhängen,
(-> barbare), und wenn sie von fremden Orten kommen, sind damit insbesondere die orientalischen
Völker gemeint. Nach dem Kataklysmus werden Muslime nach Europa vordringen; zu einer ver-
stärkten Bedrängnis durch sie kommt es in der Zeit nach dem Verbot der alten Religionen, 6/80 [IX].
Vz 2/1 [Kriegsherr schickt die Fremden/ rottet die Seinen aus] Der Mann an der Spitze der globalen
Ordnung wird als >Heiliger<, 2/45 [s.o.], und >wiedergekommener Heiland<, 1/95 [III], verehrt werden.
Seine Anhänger erkennen in ihm eine Lichtgestalt, welcher die Missstände seiner Zeit zuzurechnen
nicht statthaft ist. Viele werden sich dann immer noch an die Hoffnung klammern, dass die Gräuel
enden würden, wenn der >wiedergekommene Heiland< von der Bedrängnis erfahren und seine Macht
zugunsten derer einsetzen werde, die sich für „die Seinen“ halten. Doch gerade dieser vermeintliche
>Fels< in der Brandung, an den sie sich zu klammern suchen, ist es, durch den sie in Wirklichkeit
Schiffbruch erleiden, 2/56 Vz 3/4 [XI]. Es werden alle, die sich davor nicht verschließen wollen, dann
erkennen können, dass es die Führung des Regimes selbst ist, von der die Verfolgung derer ausgeht,
die sich der Gleichschaltung in Sachen Religion nicht beugen wollen, 1/91 [VII].
Vz 3 [Pisa und Lucca tyannisiert] In Italien scheinen sich dann Widerständler hauptsächlich in der
Toskana zu befinden; Vers 9/5 [s.o.] handelt wie hier davon, dass Pisa und Lucca tyrannisiert werden.
Vgl. auch 2/15 Vz 4 [II].