Suche 

        Kapitel 42  Der Wiederaufstieg des Islam

Der Orient werde „zweimal oben, zweimal unten“ sein, kündigt Vers

8/59 (Kap.11) an.  Die erste Zeit des >Obenseins<, d.h. der Macht-

entfaltung des Orients ist Nostradamus´ Gegenwart und die folgen-

den noch etwa 140 Jahre, als das Abendland in Furcht vor der

Türkengefahr lebt.  Die erfolglose Belagerung Wiens im Jahr 1683

markiert den Wendepunkt.  Danach ging es langsam, aber stetig

bergab mit dem Reich der Osmanen.  Im 19. Jahrhundert werden

Araber von Europäern kolonisiert.  Den Anfang macht Napoleon in

Ägypten (Kap.21);  später wird Algerien von den Franzosen

unterworfen, 9/89 (Kap.27). Der erste Weltkrieg gibt dem Osmanen-

reich den Todesstoß, 1/40 (Kap.31), und damit ist der Orient

erstmals „unten“.

Den Beginn des zweiten Aufstiegs der politischen Macht des Islam

kündigt N. für die letzten zwanzig Jahre des zwanzigsten Jahr-

hunderts an, 1/48 (s.u.). Mit der Errichtung einer islamischen

Theokratie im Iran hat sich diese Prognose seit 1979 erfüllt. 

Den Krieg zwischen Iran und Irak (1980-88), 8/70 Vz 2 (s.u.),

und wohl auch den Golfkrieg von 1991, 1/55 (s.u.), hat N. gesehen. 

Zu den darauf folgenden „extremen Gräueln und Taten aus Rache“,

1/56 (s.u.) gehört das Ereignis in den USA vom September 2001,

6/97 (s.u.).

In der Zeit des erneuten Aufstiegs der politischen Macht des

Islam stehen wir heute (2012).  Sie werde noch „großen Umschwung“

für Europa bringen, 1/56 (s.u.).  Ein „Herrscher des Orients wird

seine früheren Eroberer unterwerfen“, sagt Présage 40 in seltener

Klarheit.

 

         Auszug aus dem historischen Inhaltsverzeichnis

          01/48   Zwanzig Jahre der Herrschaft des Mondes verstrichen

am Beginn des siebten Jahrtausends

          01/70   Der Islam als Gegner des persischen Monarchen

          Sz 08   Khomeinis inoffizieller Status in Paris (1978/79)

          08/70   „Schrecklicher König von finsterer Physiognomie“ zieht ein in Teheran.

Krieg gegen den Irak

          01/55   Der Himmel widrig unterhalb von Babylon

          01/56   Extreme Gräuel und Taten aus Rache

          06/97   „Feuer nähert sich der großen neuen Stadt“

          05/55   Aus dem Süden der arabischen Halbinsel kommt ein Mächtiger des Islam

 

        Zwanzig Jahre der Herrschaft des Mondes verstrichen

am Beginn des siebten Jahrtausends

 

01/48   Vingt ans du regne de la lune passés/

Sept mil ans autre tiendra sa monarchie:/

Quand le soleil prendra ses iours lasses/

Lors accomplir & mine ma prophetie.  (1555)

 

Wenn zwanzig Jahre der Herrschaft des Mondes verstrichen sind,/ 

wird, siebentausend Jahre, ein Anderer seine Alleinherrschaft

innehaben./ 

Wenn die Sonne ihre matten Tage nimmt,/

dann wird sich meine Prophetie erfüllen und aufzehren./

 

1)2) Zu Sonne und Mond s. Glossar unter -> sol und -> lune.

4) V.t. miner  verminen; untergraben; aushöhlen; verzehren, aufreiben

Mittelfrz. v. miner auch: drohen (menacer). Aber das ist eher nicht gemeint,

weil Prophetie  i m m e r  auch als Drohung verstanden werden kann.

 

 

Vz 1 [Zwanzig Jahre der Herrschaft des Mondes verstrichen]  N. hat die Ereignisse im Iran der

Jahre 1978/79ff. gesehen, als   dort eine islamische Theokratie errichtet wird, 1/70, 8/70 (s.u.). 

Der Mond als Symbol steht bei N. für den Islam.  Daher kann die Herrschaft der Mullahs im Iran

hier als „Herrschaft des Mondes“ bezeichnet werden.  Wenn seitdem „zwanzig Jahre verstrichen“

sind, ist demnach von der Zeit nach 1999 die Rede.

Vz 2 [Siebentausend Jahre/ Alleinherrschaft eines Anderen]  Demnach ist für die Zeit nach 1999

zu erwarten, dass „die Sonne ihre matten Tage nimmt“ und „ein Anderer seine Alleinherrschaft

errichtet“.  In den Spekulationen Augustins über die Abfolge der Weltzeitalter, die N. in VH (6)

aufgreift, ist

·  das >sechste Jahrtausend< die Zeit von der Inkarnation (vor 2000 Jahren) bis zur

  Wiederkunft Christi (Parusie),

·  und das >siebte Jahrtausend< die Zeit von der Wiederkunft Christi bis zum Ende

  eines tausendjährigen Reiches Gottes. 

Wenn hier von „siebentausend Jahren“ gesprochen wird, die nach VH (6) durch eine „Ankunft“

(advent) eingeleitet werden, dann ist damit die Zeit gemeint, in der sich die Wiederkunft Christi

schon vollzogen hat.  Im zurückhaltend deutlichen Gegensatz dazu sagt N., dass dann zwar einer

seine Alleinherrschaft errichten werde, aber leider ein „Anderer“.  Diese Bezeichnung ist direkt

auf die Erwartung der Parusie bezogen.  Erwartet und ersehnt wird, dass der Heiland erneut zur

Erde kommen werde und eingreifen möge, aber in der Schau des N. ist es nicht Christus, der

kommt, sondern ein „Anderer“ als der Erwartete und Ersehnte.  Die Hoffnung und der Wunsch,

dass Christus endlich sein Friedensreich auf Erden errichten möge, lebt durch Krieg und Kata-

klysmus gewaltig auf;  so wird auch die Gefahr mächtig, dass Wunschdenken um sich greift und

einen Menschen für Christus hält, der nicht Christus, sondern ein ganz „Anderer“ ist.  Eine positive

theologische Aussage, wer der Mann denn nun wirklich sei, enthält diese Bezeichnung zwar nicht. 

Aber schon die Erkenntnis, wer er jedenfalls  n i c h t  sein könne, bedeutet einen großen Schritt

und ist für den, der ihn vollzieht, Medizin gegen den Irrsinn.

Vz 3 [Matte Tage der Sonne]  Von außerordentlichen kosmischen Ereignissen, die auch die

Verfinsterung der natürlichen Sonne mit sich bringen, handelt u.a. VH (18).  Diese „matten Tage“

er natürlichen Sonne markieren den Beginn des >siebten Jahrtausends<, an dessen Beginn der

„Andere“ erscheint.   Die matten Tage der natürlichen Sonne gehen den matten Tagen der geistigen

Sonne voraus.  Die geistige Sonne steht bei N. für die Offenbarung Gottes in Christus und damit

für die christliche Religion.  Wenn diese >Sonne ihre matten Tage nimmt<, ihr geistiges Licht nur

noch schwach scheint, hängt das im Verskontext mit der Herrschaft des „Anderen“ zusammen. 

Wenn dessen Herrschaft sich voll entfaltet hat und zur Alleinherrschaft (monarchie) geworden ist,

steht die geistige Sonne der Christen dem Grade nach niedrig, 4/30 [X], d.h. sie wird gering

geschätzt und scheint schließlich nur noch am „zweiten Himmel“ (-> ciel), dem inwendigen

(geistigen), 4/29.

Vz 4 [Prophetie erfüllt sich]  Im Jahr 1999 sind die zwanzig Jahre der >Herrschaft des Mondes<

verstrichen.  Mit den matten Tagen der natürlichen Sonne, mit denen seit 1999 zu rechnen ist,

beginnt das >siebte Jahrtausend<, VH (6), das die Alleinherrschaft des „Anderen“ bringt.  Dann

werde sich seine „Prophetie erfüllen und aufzehren“.  In Vers 3/94 [XV] heißt es, nach fünfhundert

Jahren, d.h. um das Jahr 2055, werde es „plötzlich große Klarheit“ über seine Prophetie geben,

die es erst geben kann, wenn sie erfüllt ist.  Damit ist ein Zeitrahmen für die maximale Dauer des

>siebten Jahrtausends< gesetzt.

 

        

        Der Islam als Gegner des persischen Monarchen

 

01/70    Pluie, faim, guerre en Perse non cessée/

La foy trop grande trahira le monarque,/

Par la finie en Gaule commencée:/

Secret augure pour à ung estre parque.  (1555)

 

Regen, Hunger, Krieg haben in Persien nicht aufgehört,/

der Glaube allzu stark, wird preisgeben den Monarchen./

Am Ende (hat der Glaube) in Frankreich begonnen,/

geheimes Vorzeichen dafür, dass einer in die Enge getrieben wird.

 

1) Zu Hunger s.a. Glossar unter -> faim.

4) V. parquer einpferchen;  das p.p.p. parqué ist verfremdet durch

die metrisch bedingte Betonung auf der ersten Silbe.

 

 

Vz 1 [Regen, Hunger, Krieg in Persien nicht aufgehört]  >Regen< steht für die Misslichkeiten,

die voraufgehen, bevor etwas Neues wachsen kann;  >Hunger< kann leidenschaftliches Streben

bedeuten, z.B. nach Freiheit, nach Macht oder nach dem Sieg.  Im Zusammenhang gelesen,

bedeuten die drei Begriffe, dass eine missliche Lage eintritt, in der es zu einem Kampf kommt,

der leidenschaftlich ausgefochten wird;  das hält lange an, man lässt nicht nach, gibt nicht auf.

Vz 2 [Glaube gegen den Monarchen …]  Wer gegen wen kämpft, verrät die zweite Verszeile. 

Der „Glaube“ steht gegen den „Monarchen“.  Gemeint ist Schah Reza Pahlevi, der sich im

Januar 1979 gezwungen sieht, sein Land zu verlassen, weil ihm sein Volk in erdrückender

Mehrheit die Gefolgschaft verweigert.  Vorausgegangen sind lang andauernde, sich zu-

spitzende Kämpfe, in denen die Soldaten des Schah sich religiös motivierten Demonstranten

gegenübersehen, die ihnen die blanke Brust darbieten.  Treibende Kraft des Umsturzes ist die

schiitische Geistlichkeit, die ihren religiösen Einfluss in eine überlegene politische Gegenmacht

umzumünzen versteht.  „Der Glaube“ erweist sich als „sehr groß“, und >der Glaube<  -  hier zu

verstehen als politische Gegenmacht -  ist es auch, der am Ende „den Monarchen preisgibt“

und ihm „die Treue aufkündigt“, 8/70 (s.u.). 

Vz 3 [… hat am Ende in Frankreich begonnen]  An der Spitze der Bewegung steht Ayatollah

Khomeini, der seit 1963 im irakischen Exil lebt.  Während dieser Zeit betreibt er seine Rück-

kehr, die einen grundlegenden Wandel der Verhältnisse in Persien voraussetzt.  Erst „am Ende“

seiner Umtriebe verlegt er im Oktober 1978 seinen Wohnsitz nach Paris.  Daher ist es „Frank-

reich“, von wo dann >der Glaube<, nämlich der Mann, der sich als dessen politischer Führer

versteht, „begonnen hat“.

Vz 4 [als geheimes Vorzeichen]  Die Übersiedlung Khomeinis nach Paris war für den Seher

ein „geheimes Vorzeichen“ dafür,   dass „einer“, nämlich der zuvor erwähnte „Monarch“,

„in die Enge getrieben“ werden würde.  Denn wer den Vers 1978 verstanden hätte, hätte nach

dem Wechsel Khomeinis nach Paris den Sturz des Schah absehen können.  Da ihn aber damals

wohl keiner verstanden hat, blieb dieses Vorzeichen ein geheimes.  Dass man seine Verse vor

Eintreten der Ereignisse nicht    verstehen, jedenfalls nicht darauf hören werde, hat N. gleich mit

vorausgesehen. 

        

        Khomeinis inoffizieller Status in Paris (1978/79)

 

Sizain 08

Un peu devant l‘ ouvert commerce/

Ambassadeur viendra de Perse,/

Nouvelle au franc pays portera./

Mais non receu, vaine espérance,/

A son grand Dieu sera l‘ offense,/

Feignant de le vouloir quitter.

 

Sechszeiler 08

Kurz vor der eröffneten Beziehung

wird (ein) Botschafter von Persien kommen,/

Neuigkeit dem französischen Land zu bringen./

Aber er wird nicht empfangen, unerfüllte Hoffnung,/

gegen seinen großen Gott wird es eine Beleidigung sein,/

und er wird so tun, als wolle er abreisen.

 

1) Mittelfrz. n.m. commerce soziale Beziehungen, Verbindungen

(relations sociales, rapports), Umgang (frequentation)

3) franc frei ist hier wohl ein abgekürztes francais französisch

 

 

Der Ayatollah Khomeini übersiedelt im Oktober 1978 von Irak nach Paris, spielt dort aber

offiziell zunächst keine Rolle, sondern erhält nur als Privatmann Asyl.  Die „Neuigkeit“ ist seine

Botschaft vom nahen Ende der Herrschaft des Schah in Iran.  Die „eröffnete Beziehung“ ist die

anschließende >Heirat< des Geistlichen mit seinem Volk, dessen neuer >König< er dann wird,

8/70 (s.u.).  Erst als Anfang Januar 1979 die Westmächte dem Schah die Unterstützung auf-

kündigen, verlässt der Schah das Land und wird dadurch Khomeini die Rückkehr ermöglicht. 

Am 1. Februar 1979 reist er ab nach Teheran.       

 

 

Schrecklicher König von finsterer Physiognomie
                zieht ein in Teheran.  Krieg gegen den Irak

 

08/70    Il entrera vilain, meschant infame/

Tyrannisant la Mesopotamie,/

Tous amis fait d‘ adulterine dame,/

Terre horrible noir de phisonomie.  (1568)

 

Er wird Einzug halten, abstoßend, bösartig, verrufen,/

und Mesopotamien tyrannisieren./

Er macht alle zu Freunden der ehebrecherischen Dame./

(das) Land (hat einen) schrecklichen König,

von schwarzer Physiognomie.

 

3) Zum Ehebruch s. Glossar unter -> mariage.

4) Die Lesart tertre Anhöhe erfüllt das Versmaß nicht und ergibt keinen Sinn.

Das Adj. noir schwarz ist hier zugleich Anagramm von Roi(n) König

 

 

Vz 1/2 [Hält Einzug/ tyrannisiert Mesopotamien]  In Vers 1/70 (s.o.) ist von Unruhen in Persien

und davon die Rede, dass „der allzu starke Glaube den Monarchen verraten“ und ihn „in die

Enge treiben“ werde.  Daran anknüpfend, ist hier vom Gegenspieler des Schah die Rede,

einem im Exil lebenden Geistlichen namens Khomeini.  Die Bemühungen der Islamisten,

an die Stelle des westlich orientierten Schah-Regimes einen islamischen Gottesstaat zu setzen,

bündeln sich in der Person dieses Mannes, der am Ende seiner langjährigen Bemühungen am

1.2.1979 in Teheran „Einzug hält“.  Bald darauf, im Jahr 1980, bricht er einen Krieg mit dem Irak

vom Zaun, der bis 1988 dauert, und lässt so „Mesopotamien tyrannisieren“.

Vz 3 [macht alle zu Freunden der ehebrecherischen Dame]  Auf biblische Vorbilder zurückgehend,

bedeutet das Sinnbild der >Braut< und >Ehefrau< ein Volk als ganzes, dessen >Gatte< der König

ist.  Beide, Volk und König, haben als >Eheleute< Rechte und Pflichten, dienen einander.  Eine

>ehebrecherische Dame< ist ein Volk, das mit >einem Anderen< liebäugelt, eine Affäre hat. 

Dieser Andere ist hier Khomeini.  Er tut im Exil alles, um dem aufrührerischen Volk im schiitischen

Klerus möglichst viele Freunde zu schaffen, die sich gegen die Schah-Herrschaft und für eine

islamische Theokratie einsetzen.  So will er die >Scheidung< des iranischen Volkes vom Schah

bewirken, um seine eigene >Heirat< zu ermöglichen.

Vz 1/4 [Schrecklicher König, von schwarzer Physiognomie]  Das Wort noir ist hier Anagramm von

Roi König und zugleich Hinweis auf das finstere Wesen des Gemeinten.  Die Attribute, die der

herrschsüchtige Geistliche im Vers darüber hinaus erhält, lassen diese Einschätzung durch den

Seher noch deutlicher werden  -  eindrucksvoll das Wort von der „schwarzen Physiognomie“, in

dem das dunkle Habit des Ayatollah wie auch sein finsterer Gesichtsausdruck eingefangen sind.

 

        

        Der Himmel widrig unterhalb von Babylon

 

01/55    Sous l‘ opposite climat Babylonique/

Grande sera de sang effusion,/

Que terre & mer, air, ciel sera inique:/

Sectes, faim, regnes, pestes, confusion.  (1555)

 

Unterhalb der gegenüberliegenden babylonischen Gegend/ 

wird es ein großes Blutvergießen geben,/

und auf Land und Meer werden Luft und Himmel widrig sein./ 

Sekten, Hunger, Reiche, Seuchen, Durcheinander.

 

1) Mittelfrz. Adj. opposite  gegenüberliegend (oppose)

3) Adj. inique unbillig, ungerecht, mittelfrz. auch ungünstig (defavorable)

> lat. iniquus ungleich, uneben;  widrig, feindlich

 

 

Vz 1 bis 4  Es sprechen mehrere Merkmale dafür, dass hier der zweite Golfkrieg von 1991

gemeint ist, nämlich erstens die Ortsangabe, zweitens die Hinweise zur Art der Kriegführung

und drittens die Schilderung der Situation danach.  Folgt man dann noch der Annahme, dass

Vers 1/56 (s.u.) auch in der ursprünglichen Reihenfolge der Verse auf Vers 1/55 folgt, kommt

viertens noch ein Zeitrahmen dazu.  Dann würden nämlich die Ereignisse beider Verse in die

Zeit des erneuten Aufstiegs des Islam fallen, der ab 1980 zu gewärtigen war, und vor dem

Kataklysmus eintreten, der seit der Jahrtausendwende zu gewärtigen ist, 1/48 (s.o.).

Vz 1 [Unterhalb der gegenüberliegenden babylonischen Gegend]  Wenn der Seher mit seinen

beflügelten Augen von Südfrankreich aus in die Richtung schaut, wo früher Babylon lag, heute

Bagdad liegt, also in die „babylonische Gegend“, ist gegenüber bzw. dahinter der persische

Golf zu erkennen und „unterhalb“ des Meeres am Horizont erstreckt sich die ganze arabische

Halbinsel.  Sie diente 1990/91 als AufmarschGebiet der alliierten, von den USA angeführt

Truppen des Westens. 

Vz 1/3 [großes Blutvergießen/ Luft und Himmel widrig]  Der doppelte Hinweis auf den Luftraum

(Luft und Himmel), der „widrig“ oder „aufgewühlt“ sei, weist darauf hin, dass hier ein Krieg

gemeint ist, der schwerpunktmäßig in der Luft geführt wird.  Erst in den letzten Tagen des Golf-

krieges von 1991 werden die in wochenlangem Bombardement sturmreif geschossenen

irakischen Stellungen mit Panzern überrannt. 

Vz 4 [Sekten, Seuchen, Durcheinander]  Das durch die Niederlage Iraks dort vorübergehend

entstandene Machtvakuum sorgt für ein „Durcheinander“ (confusion);  die schiitische Minder-

heit im Süden des Landes erhebt sich, die Kurden im Norden sagen sich von Bagdad los (sectes). 

Das Wort peste kann Seuche, aber auch Verseuchung bedeuten;  die von den wochenlang

brennenden Ölquellen herrührenden rußigen Niederschläge können ebenso gemeint sein

wie die Wirkungen der chemischen Waffen, die der Irak in diesem Krieg eingesetzt hat.

 

 

        „Der Himmel nähert sich den Neigungen“

 

01/56   Vous verrés tost & tard faire grand change/

Horreurs extremes, & vindications,/

Que si la lune conduicte par son ange/

Le ciel s’ approche des inclinations. (1555)

 

Ihr werdet früher oder später großen Umschwung

geschehen sehen,/ 

extreme Gräuel und Taten aus Rache./

Und wenn der Mond von seinem Engel geführt wird,/

nähert sich der Himmel den Neigungen.

 

2) Mittelfrz. n.f. vindication Rache, Rachsucht (vengeance)

4) Lat. n.f. inclinatio 1. Neigung, Beugung 2. Zuneigung

3. Abweichung, Wendung, Wechsel

 

 

Vz 1/2 [Extreme Gräuel und Rachetaten]  Es wird hier von der Annahme ausgegangen, dass hier

die ursprüngliche Reihenfolge der Verse erhalten geblieben ist, dass also der nachstehende Vers

auf Vers 1/55 folgt.  Die Deutung von 1/55 (s.o.) ergab, dass dort der Golfkrieg von 1991 geschil-

dert wird, in dem die alliierten Streitkräfte unter Führung der USA den Sieg davontragen.  Wenn

anschließend von einem „großen Umschwung“ die Rede ist, deutet das auf Ereignisse, die den

klaren Ausgang dieses Krieges in einem anderen Licht erscheinen lassen.  Besonders die USA,

welche die internationale Streitmacht anführten, darüber hinaus aber >der Westen< insgesamt,

muss sich auf „extreme Gräuel und Taten aus Rache“ gefasst machen, die den Preis des Sieges

von 1991 erhöhen.  Hass und Rachsucht des Anstifters und Hintermannes des Anschlages vom

September 2001 entzündeten sich an den in seiner Heimat Saudi-Arabien nach dem Golfkrieg

verbliebenen amerikanischen Truppen.  Daran zeigt sich der Zusammenhang wischen dem Golf-

krieg von 1991 und dem Terror von 2001.  Die anfängliche Annahme, dass 1/56 auf 1/55 folge,

findet dadurch eine Bestätigung.  Dass diese Prognose mit den Anschlägen auf das World Trade

Center von 1993 und 2001 ausgeschöpft ist, ist möglich, aber nicht sicher.

Vz 1 [Großer Umschwung]  Denn mit dem „großen Umschwung“ dürfte hauptsächlich die Erhebung

von Arabern gemeint sein, die für die Zeit  n a c h  dem Kataklysmus angekündigt ist, 6/54 [VI]. 

Darunter werden zunächst die Mittelmeerküsten Europas schwer zu leiden haben, 2/4 [VI]. 

Dieser Umschwung werde „früher oder später“, also >bald< nach den Ereignissen von 1991

kommen.

Vz 3 [Wenn der Mond von seinem Engel geführt wird …]  Sowohl der Golfkrieg von 1991, die

anschließenden Gräuel und Taten aus Rache und der große Umschwung fallen in die Zeit,

„wenn der Mond von seinem Engel geführt wird“, d.h. wenn der Islam einen erneuten Aufschwung

erlebt.  Dieser Aufschwung des Islam war für die Zeit ab etwa 1980 zu erwarten, 1/48 (s.o.)

Vz 4 [… nähert sich der Himmel den Neigungen]  Mit den „Neigungen des Himmels“ ist gemeint,

dass die Neigung der Drehachse des Planeten gegen die Ekliptik (Erdbahnebene) sich ändert,

was anschließend zu einer dauerhaften Verschiebung des Fixsternhimmels führt, 3/46 [II]. 

Im Zuge des Wandels von der einen zur anderen Drehachsenneigung werde die Sonne

„ihre matten Tage nehmen“, 1/48 (s.o.), d.h. aufgrund außerordentlicher Ereignisse mit vermin-

derter Kraft scheinen, einige Tage wohl auch gar nicht mehr, VH (18).

 

 

        „Feuer nähert sich der großen neuen Stadt“

 

06/97    Cinq & quarante degrés ciel bruslera,/

Feu approcher de la grand cite neufue,/

Instant grand flamme esparse sautera/

Quand on voudra des Normans faire preuue.  (1568)

 

Am fünfundvierzigsten Grad wird der Himmel brennen,/

Feuer nähert sich der großen neuen Stadt./ 

Augenblicklich schießt eine große ausgegossene Flamme empor,/ 

wenn man die Probe der Normannen wird liefern wollen.

 

1) N.m. degré Stufe, Rang, Grad.  Der degré climaterique in Vers 5/98

ist durch das Attribut eindeutig als Breitengrad ausgewiesen.

3) Adj. épars vereinzelt, verstreut.  Mittelfrz. v. espardre trennen (séparer),

verstreuen (disperser), ausgießen (répandre);  davon das p.p.p esparsé.

4) Wendungen faire la preuve de qc. den Beweis von etwas antreten,

faire ses preuves sich bewähren, mettre à l‘ épreuve auf die Probe stellen.

Mittelfrz. n.f. preuve Probe, Prüfung (épreuve).

 

 

Vz 4 [Normannen]  Die Normannen kamen aus dem Süden Skandinaviens und unternahmen von

dort aus Eroberungszüge, indem sie mit Schiffen über die Meere kamen und europäische Küsten

heimsuchten.  Im zweiten Weltkrieg besiegen die USA dank ihrer überlegenen Marine ihre Kriegs-

gegner und erhalten daher in 3/1 (Kap.38) den Namen „großer Neptun“, jenes römischen Gottes,

der das Meer beherrschte.  Ihre Seestreitkräfte ermöglichen es den Amerikanern, überraschend

an jeder Küste präsent zu sein und für ihre Feinde als Schrecken der Meere in Erscheinung zu

treten.  Deshalb kann N. sie mit den Normannen der Zeit um 1000 nach Christus vergleichen und

sie mit diesem Decknamen belegen.

Vz 2 [Große neue Stadt]  Die Katastrophe, die der Vers beschreibt, trifft „die große neue Stadt“. 

Damit kann aus heutiger Sicht jede Großstadt gemeint sein, die es zu Zeiten des Sehers noch

nicht gab.  Da aber von Normannen, sprich Amerikanern die Rede ist, kommt hauptsächlich

New York als größte Stadt der USA in Frage, zumal es auch dem Namen nach eine neue Gründung

ist (gegründet 1626 als Neu-Amsterdam, seit 1667 New York).  Zu dem Einwand, dass diese

Deutung den räumlichen Geltungsbereich der Centurien überschreite, siehe -> Exkurs (13).

Vz 1 [Fünfundvierzigster Grad]  Anders als bei den Breitengraden gab es zu Lebzeiten des

Sehers bei den Längengraden noch keine verbindliche Zählweise, was dafür spricht, dass hier

ein Breitengrad gemeint ist.  Der Bundesstaat New York liegt zwischen dem 40. und dem 45.

Breitengrad, die Stadt selbst aber bei 41 Grad, nicht bei 45 Grad nördlicher Breite.  Die Ab-

weichung macht über 500 Kilometer aus und lässt zweifelhaft erscheinen, dass hier wirklich

New York gemeint ist.

Vz 2/1/3 [Feuer nähert sich/ Himmel brennt/ Flamme schießt empor]  Das Ereignis selbst wird

deutlich beschrieben.  Das Feuer entsteht nicht auf dem Boden der Stadt, sondern wird in sie

hineingetragen, denn es „nähert sich“ ihr.  Dann „schießt augenblicklich“ eine „große ausge-

gossene Flamme empor“.  Wenn „der Himmel brennt“, deutet das auf ein weithin sichtbares

Großfeuer.  Es liegt nahe, hier an die Anschläge vom 11. September 2001 zu denken.  Wegen

der Abweichung beim angegebenen Breitengrad bleiben aber Zweifel an dieser Deutung.

Vz 4 [Probe der Normannen]  Dem Zerstörungsakt liegt das Motiv zugrunde, „die Probe der

Normannen zu liefern“.  „Man“ will sich bewähren, eine Probe bestehen, indem man die

Amerikaner angreift und es mit ihnen aufnimmt. 

 

„1998, nach dem Zweiten Golfkrieg, erklärte er [Osama bin Laden, d. Verf.]

in einer Fatwa das Töten von Zivilisten und Soldaten der Vereinigten

Staaten überall zur Pflicht jedes Muslims.  Er wurde zur Identifikations- und

Symbolfigur verschiedener islamistischer Terrorgruppen, die ihre

Gewalttaten gegen die westliche Welt als Dschihad zur Selbstverteidigung

des Islam rechtfertigen…

Insbesondere gelang es bin Laden, religiöse mit gesellschaftlich-sozialen

Motiven zu verbinden. So verwendete er immer wieder einen nicht

religiösen Ehrbegriff, der sich auf die Integrität des (arabischen) Mannes

und seine Aufgabe bezieht, sein eigenes Ansehen und das der Familie zu

schützen. Er verknüpft diese Aufgabe jedoch mit der Aufforderung zum

Kampf für religiöse Ziele. So forderte bin Laden beispielsweise die

muslimischen Männer … auf, sich vom Westen nicht „der Männlichkeit

berauben“ zu lassen …

 

              Zitate aus: http://de.wikipedia.org Stichwort Osama bin Laden

 

 

        Aus dem Süden der arabischen Halbinsel kommt ein Mächtiger des Islam

 

05/55    De la felice Arabie contrade,/

Naistra puissant de loy Mahometique:/

Vexer l’ Espaigne conquester la Grenades/

Et plus par mer à la gent Lygustique.  (1568)

 

Aus der Gegend des glücklichen Arabiens/

wird erscheinen (ein) Mächtiger des Gesetzes Mohammeds./

Sie suchen Spanien heim, erobern Granada,/

und mehr noch über’ s Meer das ligurische Volk.

 

4) Lat. Adj. ligusticus ligurisch

 

 

Vz 1 [Aus der Gegend des glücklichen Arabiens …]  Arabia felix heißt in der römischen Antike

der südliche Teil der arabischen Halbinsel (heute der Jemen), damals ein besonders fruchtbares

und reiches Land, das teure Gewürze, Edelsteine, Weihrauch und Myrrhe exportiert.  Seit den

fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ist Arabien wegen seines Erdöls reich. 

Vz 2 [… wird erscheinen ein Mächtiger des Islam]  Der Pate des Terrors, von dem die Verse

1/56 (s.o.) und 6/97 (s.o.) handeln, stammt väterlicherseits aus dem Jemen, seine Mutter aus

Saudi-Arabien, wo er auch aufwächst.  Osama bin Laden begründet die Untaten seiner Leute

mit der Anwesenheit >ungläubiger< Amerikaner in Saudi-Arabien, dem Land der heiligen

Stätten des Islam.  Er missbraucht den Islam zu politischen Zwecken, findet aber viele Anhänger

und verfügt daher über Macht im Namen des Islam.

Vz 3 [Sie suchen Spanien heim, erobern Granada …]  Granada war schon einmal von Muslimen

beherrscht, in der Zeit bis 1492, als spanische Christen sie im Zuge der Reconquista hinauswarfen. 

Dass sie noch einmal wiederkehren werden, ist bisher nicht eingetreten, wird aber in VH (27)

bestätigt, wo von einer „mohammedanischen Rückeroberung“ die Rede ist.

Vz 4 [… und mehr noch das ligurische Volk]  Es scheint, dass u.a. die ligurische Küste (um Genua)

schwer unter Verwüstungen durch dorthin vorgedrungene Bewohner Nordafrikas wird leiden

müssen, 2/4 [VI].  Nachdem der Pate des Terrors, von dem die erste Vershälfte handelt, bereit tot

ist, sind die Ereignisse der zweiten Vershälfte als Resultat einer militant islamischen Gesinnung

zu verstehen, die ein mächtiges Vorbild gerade dann beflügelt, wenn es schon zur Legende

geworden ist.