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        Kapitel 39  Die Judenvernichtung, Papst Pius XII.
       
                                     und die Gründung Israels

Die Frage, ob Nostradamus die Vernichtungslager gesehen hat und

dass hauptsächlich Juden dort umkamen, wird implizit schon durch

die Hadrian-Verse in Kap. 34, 37 und 38 beantwortet, in denen

Hitler wegen der Radikalität seines Vorgehens gegen die europä-

ischen Juden mit dem Namen dieses römischen Kaisers belegt wird,

der Jerusalem einst dem Erdboden hat gleichmachen lassen.  Das

folgende Kapitel bringt Näheres zu den Vorgängen.  Das Verhalten

des Papstes angesichts dieses Völkermordes werde nicht verstanden

werden und sein Ansehen darunter leiden, 5/56.  Des Sehers Inter-

esse ist geweckt, weil es ihm ganz wesentlich darum geht, wie sich

der alte Glaube und die alte Kirche in der Barbarei der Moderne

noch erhalten und bewähren würden. Auch die Konsequenz, die die

Völkergemeinschaft aus der staatlich verfügten Judenvernichtung

zieht, hat N. gesehen.

 

        Auszug aus dem historischen Inhaltsverzeichnis

        02/24   Verschleppung im eisernen Käfig

        09/53   Friedliche Juden werden in Kamine geworfen   

        09/17   Blut wird vergossen im Namen eines >goldenen Zeitalters<

        05/56   Der Heilige Stuhl verliert an Ansehen

        03/97   Ein „neues Gesetz“ in Syrien, Judäa und Palästina

        08/96   „Aufgenommen unter den Ungläubigen von Babylon“

 

        Verschleppung im eisernen Käfig

 

02/24    Bestes farouches de faim fluues tranner:/

Plus part du camp encontre Hister sera,/

En caige de fer le grand fera treisner,/

Quand R in enfant Germain obseruera. (1555)

 

Wilde Tiere, unbändig vor Hunger, überqueren Flüsse./

(Der) größte Teil des Heeresaufmarschs wird gegen Hister sein./ 

In eisernem Käfig wird der Große Verschleppungen befehlen,/ 

wenn germanisches Kind den Rhein achten wird.

 

1) Lat. v. tranare, trannatare hinüberschwimmen, durcheilen

Zum Hunger s. das Glossar unter -> faim.

3) Das v. treisner ist eine alte Variante von traîner nach-, fortschleppen.

Le grand könnte Subjekt oder Objekt zu fera treisner sein, ergibt als

Subjekt einen Sinn.

4) R in ist ein verstümmeltes Rhin Rhein.  Das v. observer in der Bedeutung

„beachten, befolgen“ hat Sitten und Gesetze zum Gegenstand.  Daher kann

der >Rhein< hier als Metapher für Sitten und Gesetze aufgefasst werden.

 

 

Vz 2 [Heeresaufmarsch gegen Hister]  „Hister“ ist der lateinische Name für den Unterlauf der

Donau, des großen, europäischen, in östlicher Richtung verlaufenden Stromes.  Seit 1941 mit

Deutschland verbündet, werden Ungarn und Rumänien, beide von der Donau durchflossen,

im Frühjahr 1944 gegen den Heeresaufmarsch der Sowjets verteidigt.  „Hister“ ist hier geogra-

phisch gemeint und steht wegen der ähnlichen Lautung a u c h , wie in 5/29 (Kap.32), für den

aus dem Donauraum stammenden, 3/58 (Kap.32), Diktator selbst, dessen Herrschaft der

gemeinte Aufmarsch beenden soll.

Vz 1 [wilde Tiere überqueren Flüsse/ Hunger] Die >wilden Tiere<, die gegen Hitler marschieren,

stehen für die durch den Krieg sowjetischen Truppen.  Ihre Wildheit in der Wahrnehmung N.s

ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Russen auch die von der abendländischen Zivilisation

unberührten Steppenvölker ihres Imperiums mobilisiert haben.  Die sowjetischen Truppen

>hungern< danach, die Deutschen zu besiegen und Rache zu nehmen für den deutschen

Versuch, die Osteuropäer zu Sklavenvölkern zu degradieren.

Vz 3 [Verschleppung in eisernem Käfig…] Hitler ist der „Große“ im Sinne von Mächtige, der

Menschen verschleppen lässt.  Die Juden Europas werden auf seinen Befehl in den Osten

Europas verschleppt, um sie dort zu vernichten.  Für den Transport werden sie in „eisernen

Käfigen“, d.h. in Güterzügen mit verschlossenen Waggons zusammengepfercht.

Vz 4 [… wenn germanisches Kind …] Deutschland nach dem Zerfall der feudalen Gesell-

schaftsordnung, also in den Jahren nach 1918, bezeichnet N. als „Germanien“, weil er diesen

Wandel als Rückfall auf eine vorchristliche Stufe der Zivilisation deutet, 3/76 (Kap.32). 

Vorbereitet durch die romantische Verklärung der deutschen Nation im neunzehnten Jahr-

hundert, will man nach 1933 an ein >germanisches Volkstum< in ferner Vergangenheit

anknüpfen.  Dieser Rückgriff auf den Germanenmythos…   

Vz 4 [… den Rhein achtet] … bedient sich auch des Nibelungenliedes, in dem der Rhein

als Sagenschauplatz vorkommt.  Wenn deutschen Kindern der Rhein als Schätze (Rheingold)

bergender Schicksalsfluss der Nation nahegebracht und der Glaube an das deutsche Volk

und seine welterlösende Mission vermittelt wird, geschehen Gräuel im Namen dieser Götzen. 

(Das Schwache und Missratene wird im nordischen Mythos ausgeschieden, während der

Christ sich seiner annehmen soll.)

 

 

        Friedliche Juden werden in Kamine geworfen

 

09/53    Le Neron ieune dans les trois cheminees/

Fera de paiges vifz pour ardoir getter,/

Heureux qui loing sera de telz menees,/

Trois de son sang le feront mort guetter. (1568)

                   

Der junge Nero wird in die drei Kamine/

friedliche Juden werfen lassen, um sie zu verbrennen./

Glücklich, wer fern sein wird von solchen Umtrieben./

Drei von seinem Geblüt werden ihn auf den Tod belauern.

                   

2) Das Wort paiges gibt es nicht und gab es auch nicht. 

Die Wortfolgen paiges vifz und paix juifs unterscheiden sich der Lautung nach

so wenig, dass man den Unterschied bei alltäglichem Sprechtempo nicht hört.

Weil die paix juifs in den Deutungskontext passen, darf man folgern, dass N.

hier die Identität der Opfer versteckt hat. 

Das Wort paige mit Jüngling, mittelfrz. page (Pfändler 1996 S. 680) oder mit

Heide, frz. paien wiederzugeben (Bouvier 1996 S. 402), ist semantisch falsch.

 

 

Vz 1 [Junger Nero …] Hitler wird hier als „junger Nero“ angekündigt, weil er Unschuldige verfolgen

ließ, die er zuvor zu Sündenböcken gemacht hatte, so wie einst Kaiser Nero unschuldige Christen

verurteilen ließ, weil er Schuldige am Brand Roms dem Volk präsentieren zu müssen glaubte.

Vz 1 […wird in die drei Kamine…]  Das Stammlager von Auschwitz verfügte wie einige andere

Vernichtungslager in der ersten Ausbaustufe (Frühjahr 1942) über drei Öfen mit den entsprechenden

Kaminen. (Später kamen dann in Auschwitz-Birkenau noch erheblich mehr Öfen in Gebrauch.)

Vz 2 […friedliche Juden werfen lassen]  Es  s c h e i n t, als enthielte der Vers keinen Hinweis auf

die Identität der Verbrannten.  Da es aber paiges als Wort gar nicht gibt und paiges vifz praktisch

gleich lauten wie paix juifs, darf man folgern, dass N. die Identität der Opfer hier auf originelle

Weise versteckt hat.  Ein wenig abenteuerlich wäre das wohl, wenn es in den Centurien keine

anderen Hinweise auf die Opferrolle der Juden gäbe. Da es sie aber gibt, wie das vorliegende

Kapitel zeigt, ist die Deutung vertretbar.  Eine Schlussfolgerung ist, dass mit weiteren Fällen von

Tarnung durch gleich lautende Wörter mit anderer Schreibweise (Homophone) gerechnet werden

muss, zumal das Französische Manipulationen dieser Art durch seinen vergleichsweise lockeren

Zusammenhang von Schreibweise und Lautung Vorschub leistet.

 

 

        Blut wird vergossen im Namen eines >goldenen Zeitalters<

 

09/17    Le tiers premier pys que ne feit Neron,/

Vuidez vaillant que sang respandre:/

R’ edifier fera le forneron,/

Siecle d’ or mort, nouueau Roy grand esclandre. (1568)

 

Der dritte Erste (wird) Schlimmeres (tun) als Nero tat./

Deportierte, mutig (wird er sein), (ihr) Blut zu vergießen./

Wiedererbauen lassen wird er den schwarzen Ofen./

Goldenes Zeitalter tot, neuer König ein großer Skandal.

 

2) Mittelfrz. v. vuider entleeren (rendre vide), ausräumen (dégarnir),

altfrz. v. vuider auch: evakuieren (évacuer)

4) Altfrz. n.m. fornier Ofen (fournier). Die Endung im Vers ist reimbedingt,

und es ist das ital. Adjektiv nero schwarz enthalten.  

Mittelfrz. n.m. esclandre großer Lärm (grand bruit),

altfrz. n.m. esclandre Skandal (scandale).

 

 

Vz 1 [dritter Erster] Weil der Name eines Kaisers im Spiel ist, darf man vermuten, dass sich

die Ordnungszahlen auf Kaiser oder Kaiserreiche beziehen.  Das Verlöschen des ersten Kaiser-

reiches im Jahr 1806 hat N. gesehen, 6/46 (Kap.22).  Nach dem kurzlebigen Grand Empire

Napoleons ist es Hitler, der ein „drittes“ Imperium schafft, das ganz Europa beherrschen will,

und er ist darin der „Erste“.  (Freilich zählen die Deutschen anders. Nach dem alten Reich

kommt das deutsche Kaiserreich 1871-1918, auf das Hitler sein >Drittes Reich< setzen will.)

Vz 4 [Goldenes Zeitalter] Das sagenhafte Goldene Zeitalter ist die griechisch-römische Variante

des Paradies-Mythos.  Im Jahr 1933 soll eine neue Zeit nationaler Größe und in diesem Sinn

ein >Goldenes Zeitalter< für die Deutschen anbrechen, was nicht wenige von ihnen nach den

Erfolgen der ersten Jahre auch glauben. Die Propaganda spricht gar von einem tausendjährigen

Reich, das nun errichtet werde.  Tausend Jahre währt nach der Offenbarung des Johannes das

Reich Christi.  Auch daran ist der pseudoreligiöse Anspruch des >Dritten Reiches< ablesbar. 

Vz 2 [Blut von Deportierten wird vergossen]  Gemeint sind die deportierten und ihrer Vermögen

beraubten Juden.  Das Verbum vuider bedeutete auch evakuieren.  Genau dieses Wort benutzte

die SS als Deckwort für liquidieren, d.h. töten.  Im Übrigen hat die Verszeile sarkastischen Klang,

weil es keinen Mut erfordert, Wehrlose zu töten, wenn einmal das Gewissen taub geworden ist.

Vz 3 [Ofen wiedererbaut]  Das ist eine Anspielung auf die babylonische Gefangenschaft der

Juden.  Der babylonische König Nebukadnezar ließ Juden, die seinen Gott nicht verehren

wollten, in einen Ofen werfen, Daniel Kapitel 3.  In der biblischen Geschichte werden die Tod-

geweihten noch auf wundersame Weise gerettet, während die Juden unter Hitler den Weg bis

zum Ende gehen müssen.

Vz 1 [Schlimmer als Nero]  Kaiser Nero fürchtete, dass ihm eine Schuld an dem Brand Roms

nachgesagt werden könnte.  Um solche Gerüchte nicht aufkommen zu lassen, ließ er nach

Schuldigen suchen und kam auf die kleine Schar der Christen.  Einige von ihnen ließ er bei

seinen Festen kreuzigen, manche auch anzünden.  Aber eine industrielle Menschenvernichtung

in riesigem Ausmaß hat es unter Nero nicht gegeben.  Vergleichbar ist nur die groteske Schuld-

zuweisung an Unschuldige mit Todesfolge für diese.

Vz 4 [Goldenes Zeitalter tot, neuer König ein großer Skandal]  Nach zwölf Jahren war das den

Deutschen versprochene >tausendjährige Reich< am Ende.  Es kam heraus, dass das Regime

unter den Bedingungen der Diktatur und des Krieges mit einer Radikalität gegen die europä-

ischen Juden vorgegangen war, wie sie die meisten Zeitgenossen nicht erwartet hatten.  Die

Bilder des Grauens aus den Lagern werden von der Nachwelt als „großer Skandal“ beurteilt,

weil sie den modernen Begriffen von Menschenwürde und Menschenrechten Hohn sprechen. 

Die daraus und mehr noch aus dem verlorenen Krieg resultierende Kehrtwende im Urteil vieler

Deutscher über den >neuen König< Hitler erfasst die letzte Verszeile in kaum zu unterbietender

Prägnanz wie Kürze.

 

 

        Der Heilige Stuhl verliert an Ansehen

 

05/56    Par le trespas du treuieillard Pontife/

Sera esleu Romain de bon aage:/

Qui sera dict que le siege debiffe,/

Et loing tiendra & de picquant ouvrage. (1568)

 

Durch das Hinscheiden des sehr greisen Pontifex/

wird (ein) Römer gewählt werden in gutem Alter./

Von ihm wird es heißen, der Stuhl habe sein Recht verloren./

Doch lange wird er ihn innehaben mit hervorstechender Bemühung.

 

3) V. debiffer ausstreichen (raturer), mit Balken schwärzen (barrer),

streichen (supprimer), von geschriebenen Wörtern gesagt. 

Ein Thron, der >ausgestrichen<  wird, ist eine Metapher für

den Rechts- oder Legitimitätsverlust einer Herrschaft;  das soll

in der freien Übersetzung eingefangen werden.

 

 

Vz 1/2/4 [ein Römer wird Pontifex/ lange im Amt]  Von den fünf Römern, die nach 1555 zum Papst

gewählt wurden, sind es nur Paul V. (1605-1621) und Pius XII. (1939-1958), die wegen der Dauer

ihrer Pontifikate in Frage kommen.  Die beiden Angaben zur Amtsführung sind eindeutig Pius XII.

zuzuordnen.  Eugenio Pacelli wird am 2.3.1876 als Spross eines alten römischen Adelsgeschlech-

tes in Rom geboren, ist also „Römer“ nach Heimat und Herkunft.  An seinem 63. Geburtstag wird

er im Jahr 1939 zum Papst gewählt und ist damit in einem für neue Päpste durchschnittlichen,

aber noch „guten Alter“.  Er löst seinen Vorgänger Pius XI. ab, der im Alter von 82 Jahren hinüber-

gegangen ist, 5/21 (Kap.34), und steht der römischen Kirche bis ins Jahr 1958 vor.

Vz 3 [Thron ausgestrichen]  In den beiden Angaben, die den Papst und seine Amtsführung kenn-

zeichnen sollen, spiegelt sich die ausgesprochene Gespaltenheit des Urteils der Nachwelt über

Pius XII., die selbst zum Kennzeichen seines Pontifikats wurde.  An ihm scheiden sich die Geister. 

Es ist die Rede davon, was „über ihn gesagt werden wird“.  Es werde in seiner Zeit der Thron

„ausgestrichen“, sozusagen „für ungültig erklärt“ werden.

Man hätte vermuten können, dass die Rechtsstellung des Papstes schwere Einbußen bis hin zur

Aufhebung des Amtes erleiden werde.  Gemeint ist aber, dass die moralische Autorität des

Papstes wegen seiner zurückhaltenden Äußerungen zur Judenvernichtung in Frage gestellt werde. 

Die öffentlichen Stellungnahmen des Vatikan zu den Gräueln, über die der Papst besser informiert

ist als die meisten Zeitgenossen, lassen zwar deren Verurteilung durch die Kirche erkennen, sind

aber so diplomatisch zurückhaltend formuliert, dass sie angesichts des schreienden Unrechts

besonders von den Betroffenen als Schweigen der Kirche und als Verweigerung jeglicher Hilfe-

leistung empfunden werden.  Als Begründung für die Zurückhaltung wird später vom Papst ange-

geben, dass deutlichere Worte Repressionen der Machthaber heraufbeschworen und noch mehr

Menschen dem Tod ausgeliefert hätten („ad maiora mala vitanda“).  In seiner Weihnachts-

ansprache von 1942 heißt es:

  

„Dieses Gelöbnis [alle Kräfte für einen wahren Frieden auf der Grundlage der

Menschenrechte einzusetzen] schuldet die Menschheit den Hunderttausenden

Personen, die ohne eigene Schuld, manches Mal nur auf Grund ihrer Nationalität

oder Abstammung, dem Tode oder einem allmählichen Untergang ausgeliefert

sind.“

 

          zit. nach:  Helmut Gruber, Katholische Kirche und Nationalsozialismus, Paderborn 2006 S. 488

Vz 4 [höchste Bemühung]  N. hat wahrgenommen, dass das Verhalten des Papstes von manchen

Zeitgenossen als Ausfall der moralischen Autorität der Kirche beurteilt werden würde.  Sein

Verhalten werde nicht verstanden und ihm als Versagen angekreidet werden.  Nostradamus aber

meint, diese Verurteilung geschehe "zu Unrecht", 6/31 (Kap.37).  Das wahrgenommene negative

Urteil will er nicht stehen lassen und und moduliert am Ende des Verses nach Dur.  Der theologisch

hochgebildete Papst arbeitet an Kirchenrecht und Dogma, dessen Kanon er erweitert.

 

 

        Ein „neues Gesetz“ in Syrien, Judäa und Palästina 

 

03/97    Nouuelle loy terre neufue occuper/

Vers la Syrie, Iudee, & Palestine:/

Le grand empire barbare corruer,/

Auant que Phebés son siècle determine. (1555)

        

(Ein) neues Gesetz besetzt neues Land/

in Richtung Syrien, Judäa und Palästina./

Das große Barbarenreich bricht zusammen,/

bevor Phoibe ihr Jahrhundert beschließt.

 

1) Zum Begriff des Gesetzes bei N. s. das Glossar unter -> loy.

3) Lat. v. corruere zusanmmenstürzen, einstürzen

 

 

[Fehldeutung]  Der Zionistenkongress von 1897 verabschiedet als Hauptprogrammpunkt die Schaffung

einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina.  Pfändler (Nostradamus,

Seine Prophezeiungen, Die Urtexte, Chieming 1996 S. 266) will hier diesen Kongress erkennen, und die

zweite Vershälfte handle vom Ende der Sowjet-Union.  Dagegen spricht, dass im Vers Menschen nicht

den Plan fassen, Land zu besetzen, sondern dieses Vorhaben schon ausführen.  Und wie die jüdische

Besiedlung Palästinas mit dem Untergang der Sowjet-Union zusammenhängt, wird auch nicht klar. 

Daher ist diese Deutung nicht schlüssig.

Vz 1 [Syrien, Judäa, Palästina]  „Syrien“ ist bis ins neunzehnte Jahrhundert der Name des 

g a n z e n  Landes hinter der levantinischen Mittelmeerküste, heute aufgeteilt auf die modernen

Staaten Libanon, Israel, Jordanien und Syrien.  „Judäa“ und Samaria nannten die Juden in bibli-

scher Zeit ihr Siedlungsgebiet.  Und „Syria Palestina", ursprünglich das Land der Philister, hieß

die römische Provinz auf dem Gebiet, das heute Israel und Jordanien einnehmen.  „Syrien“ ist

also zu Lebzeiten des Sehers der umfassende Begriff, und die Angaben "Judäa" und „Palästina“

bestimmen das gemeinte Land näher.

Vz 1 [neues Gesetz…]  Ein erster großer Erfolg der auf einen eigenen Judenstaat abzielenden

zionistischen Bewegung ist die Deklaration der britischen Regierung vom 2.11.1917, welche die

„Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ unterstützte. 

Im April 1920 wird Palästina von den Siegermächten des ersten Weltkrieges unter britisches

Mandat gestellt, das Ziel des Zionismus rückt näher.  Aber erst nach dem Holocaust kann die

zionistische Bewegung am 14.5.1948 ihr Ziel durch die Gründung des Staates Israel erreichen.

Vz 1 […besetzt neues Land]  Erste jüdische Einwanderungswellen hat es schon 1881ff. und

1904ff. gegeben, und einen starken Schub gibt es 1933ff.  Aber der Vers spricht nicht von der

Einwanderung als solcher, sondern von Einwanderung infolge der Konstituierung einer neuen

loy, eines neuen staatlichen Prinzips.  Im Oktober 1918 kapituliert das Osmanische Reich,

im August 1920 wird es aufgelöst.  Erst dadurch ergibt sich die Möglichkeit, auf dessen Territo-

rium neue Staaten zu gründen.  Es bleibt also bei den nebenstehend genannten Zeiten.

Vz 3 [großes Barbarenreich …]  Barbaren nennt N. insbesondere die islamisch geprägten

Völker des Orients, in deren Gebiet Israel entsteht.  Ein islamisches Großreich hat es trotz

mancher Bestrebungen seit dem Untergang des osmanischen Reiches bisher noch nicht

gegeben.  N. hat den erneuten Aufstieg des Islam am Ende des zwanzigsten, 1/48 [II],

und am Beginn des 21. Jahrhunderts, 6/54 [VI], gesehen.  Es scheint hier, dass N. einen

Zusammenhang zwischen der Gründung Israels und dem Zusammenschluss arabischer

Länder zu einem „Reich“ welcher Art auch immer erkannte.  Es gibt nichts, was die Araber

wirklich eint, nicht die Sprache, nicht der Islam  -  außer vielleicht ein gemeinsamer Feind. 

(D.h. wenn eine Einheit der Araber sich einmal auf die Auslöschung Israels gründen sollte,

trüge sie den Keim des Untergangs dieser Einheit schon in sich - außer es würde dann

bald ein neuer gemeinsamer Feind gefunden.)

Vz 4 [… bricht zusammen]  Das große islamische Reich, demnächst entstehend, sah

Nostradamus wieder zusammenbrechen, bevor „Phebes“, die griechische Phoibe, die

Titanin des Mondes, „ihr Jahrhundert beschließt". Phoibes Jahrhundert ist das auf dem

islamischen Mondjahr mit 354/55 Tagen basierende Mondjahrhundert, dem 97 Sonnenjahre

unseres Kalenders entsprechen.  Eine Möglichkeit ist, dass Nostradamus hier zwei Zusam-

menbrüche islamischer Großreiche in zeitliche Beziehung setzt.  Der Auflösung des Osmanen-

reiches 1920 würde der Zusammenbruch eines neuen Reiches des Islam ein Mondjahrhundert

später folgen, also spätestens 2017.  Eine zweite Möglichkeit ist, dass N. das Ende des 14.

Jahrhunderts islamischer Zeitrechnung meint, das auf Anfang März 2021 fällt.

Vgl. dazu VH (28).

 

 

        „Aufgenommen unter den Ungläubigen von Babylon“ 

 

08/96    La synagogue sterile sans nul fruit/

Sera receue entre les infideles/

De Babylon la fille du porsuit/

Misere & triste luy trenchera les aisles. (1568)

 

Die Synagoge, ohne Empfängnis, ohne Frucht,/

wird aufgenommen werden unter den Ungläubigen/

von Babylon.  Die Tochter des Verfolgten,/

elend und traurig, wird ihm (Babylon) die Flügel abschneiden.

 

1) bis 4) Das komplette Fehlen der Interpunktion gibt zu denken. 

Setzt man hinter „Babylon“ einen Punkt, entstehen zwanglos zwei

vollständige Sätze.  Zu Babylon s.a. das Glossar.

3) Wegen des männlichen Artikels ist porsuit nicht das n.f. poursuite Verfolgung,

sondern eine Nebenform des p.p.p. poursuivi (Rheinfelder 1975 S. 300)

 

 

Vz 1/2 [Synagoge aufgenommen unter den Ungläubigen …]  Die >Synagoge< steht für Menschen

jüdischen Glaubens, darüber hinaus für alle Angehörigen des jüdischen Volkes.  Seit dem neun-

zehnten Jahrhundert sind Juden >ins Land der Väter< eingewandert.  Sie werden aufgenommen

„unter“, nicht von Menschen, die diesen Glauben nicht teilen, auch dem christlichen Bekenntnis

überwiegend nicht angehören und in diesem Sinne  - nur in diesem Sinne -  „ungläubig“ sind.

Vz 3 [… von Babylon]  N. bringt die Araber der neuen jüdischen Siedlungsgebietes mit „Babylon“

in Verbindung, um anzudeuten, dass der religiöse Unterschied und die territoriale Konkurrenz

zwischen jüdischen Einwanderern und arabischen Eingesessenen das Potential zu einer Feind-

schaft enthält, wie sie in alttestamentarischer Zeit das Verhältnis der Juden zum König von Babylon

prägte.  Nicht wenige Araber bestreiten die Legitimität der Gründung Israels von Anfang an.

Vz 1 [... ohne Empfängnis]  Der Grund dafür, dass N. das jüdische Volk „unfruchtbar“ nennt,

könnte darin bestehen, dass nach christlicher Auffassung aus dem Gesetz des Alten Bundes

kein Heil mehr erwächst, dieses vielmehr durch den Neuen Bund mit Gott, d.h. durch den Glauben

an Christus abgelöst wurde (Pfändler, Nostradamus, Die Urtexte, 1996 S. 635).  Dann wäre in

der Unfruchtbarkeit keine prophetische, sondern nur eine theologische Aussage enthalten.  

N. spricht bei Völkern von >Empfängnis<, wenn aus ihnen ein legitimer Monarch hervorgeht,

VH (12).  Mit der Unfruchtbarkeit ist im Fall des jüdischen Volkes gemeint, dass die Juden zur

Zeit ihrer Aufnahme >unter den Ungläubigen von Babylon< den ihnen einst verheißenen Messias

noch immer nicht hervorgebracht haben würden.

Vz 3 [Tochter des Verfolgten …]  Völker sind bei N. wie in der Bibel weiblich, und daher steht

auch die >Tochter< für ein Volk.  Pfändler (a.a.O.) will hier die Muslime Palästinas erkennen,

weil „der Verfolgte“ der einst aus Mekka vertriebene Religionsgründer Mohammed sei.  Aber

das ist wenig wahrscheinlich, weil in der Bezeichnung als „Verfolgter“ eine Anteilnahme sich

kundgibt, die bei N. in Bezug auf den Islam und seinen Begründer nicht zu erwarten ist, VH (9)

Vielmehr ist Jesus Christus gemeint, der einst vom jüdischen Tempel verfolgt und zur Strecke

gebracht wurde.  Darin, im Erleiden einer tödlichen Verfolgung, gleichen die Juden Europas

1933ff. dem Juden Jesus von Nazareth.  Sie >folgen ihm nach auf dem Kreuzweg<, zwar unfrei-

willig, sind aber in diesem geistigen Sinn die >Tochter des Verfolgten<.

Vz 4 [… wird (Babylon) die Flügel abschneiden/ elend und traurig] Das Bild der abgeschnittenen

Flügel will besagen, dass die aus ihrer europäischen Heimat vertriebenen Juden die arabischen

Muslime ihres Umfeldes (>Babylon<) ihrer Freiheit berauben werden.   Das ist gemünzt auf die

von Israel siegreich geführten Kriege, insbesondere den Sechs-Tage-Krieg von 1967 und die

anschließende Besetzung des Westjordanlandes.  In der Folge dieser Kriege suchen erhebliche

Teile des palästinensischen Volkes Zuflucht im (meist arabischen) Ausland und dürfen nicht mehr

in ihre Heimat zurückkehren.  „Elend und traurig“ nennt N. ein Volk, das, obzwar wieder sesshaft

im >Land der Väter<, seinen Frieden nicht findet, weil seine wiedergewonnene >Sesshaftigkeit<,

7/32 [III], erkauft ist um den Preis der Vertreibung eines anderen Volkes.