Suche 

        Kapitel 33  Zwischenkriegszeit: Der spanische Bürgerkrieg

Spanien kommt in den Centurien, soweit sie erfüllt sind, eher

selten vor.  Warum wird dann ausgerechnet der Bürgerkrieg der

Jahre 1936 bis 1939 mit vier Versen vergleichsweise ausführlich

dargestellt?  Er bricht aus, nachdem der „Lauf des kastilischen

Monarchen“ ein Ende gefunden hat, 1/31 (Kap.38), nachdem nämlich

König Alfonso XIII. 1931 ins Exil gegangen ist, weil die Republik

ausgerufen wird. Als dann 1936 eine Volksfront aus Republikanern,

Sozialisten und Kommunisten an die Macht kommt, ist ein Teil der

Generalität nicht bereit, sich der neuen Regierung unterzuordnen. 

Ursachen des Bürgerkrieges sind u.a. die Rechtlosigkeit der

Arbeiterschaft, die Auseinandersetzung um das kulturelle Monopol

der katholischen Kirche und die mangelnde Kontrolle des Militärs

durch den Staat. N. erkennt darin, dass der König als Zeichen der

Einheit des Landes ausgefallen ist, die Vorbedingung des Bürger-

krieges.

 

            Auszug aus dem historischen Inhaltsverzeichnis

            06/45   Das Ende des Königtums als Ausgangspunkt des Bürgerkrieges

            09/16   Die Nationalisten/Faschisten siegen

            09/78   Das Ende der demokratischen Republik in Spanien

            02/39   Entscheid des Bürgerkriegs ein Jahr vor Hitlers Westfeldzug

 

        Das Ende des Königtums als Ausgangspunkt des Bürgerkrieges

 

06/45    Le gouuerneur du regne bien scauant,/

Ne consentir voulant aud faict Royal:/

Mellile classe par le contraire vent,/

Le remettra à son plus desloyal.  (1568)

 

Der Steuermann, in (der) Regierung sehr geschickt,/

will nicht zustimmen dem, was der König getan hat./

Die Armee (von) Melilla (wird er) durch widrigen Wind (steuern)./

Er wird es zurückgeben seinem höchst Pflichtvergessenen.

 

1) N.m. gouverneur Vorsteher, Gouverneur, historisch auch: Statthalter

einer Provinz > lat. n.m. gubernator Steuermann

3) Zum Begriff der classe s. das Glossar.

4) Das Pronomen le kann stehen für regne, faict Royal oder vent  -

gemeint ist regne Reich, Herrschaft, denn das ergibt einen Sinn.

 

 

Vz 2 [königliche Tat]  Als in Spanien 1931 die (zweite) Republik ausgerufen wird, geht König

Alfonso XIII. ins Exil.  Er beugt sich den politischen Kräften, die die Republik errichten wollen,

ohne formell auf den Thron zu verzichten.

Vz 1 [Steuermann damit nicht einverstanden]  Die Summe der Einzelaussagen des Verses

erweist, dass mit dem „Steuermann“ der aufständische General Francisco Franco y Bahamonde

gemeint ist, der später zum Vorsteher des Staates aufsteigt.  Als Anhänger der alten Ordnung

ist er nicht einverstanden damit, dass der König außer Landes gegangen ist.  Mehr noch miss-

fällt ihm der Sieg einer sogenannten Volksfront aus Republikanern, Sozialisten und Kommunisten

bei den Parlamentswahlen im Februar 1936.

Vz 3 [steuert Armee von Melilla …]  Am Ausbruch des Bürgerkriegs im Juli 1936 ist General

Franco maßgeblich beteiligt.  Er ist damals Kommandeur der Truppen in Spanisch-Marokko,

wo die Küstenstadt "Melilla" liegt. Von da aus werden mit  Hilfe deutscher Junkers-Flugzeuge 

rebellische Truppen nach Südspanien geflogen.

Vz 3 [… durch widrigen Wind]  Der >widrige Wind< ist ein Bild für den Widerstand der republik-

treuen Teile der Armee und deren ausländischen Helfern, gegen die die rebellischen Truppen

fast drei Jahre kämpfen müssen, bis sie im März 1939 den Sieg errungen haben.  Vgl. den

vent contraire in 1/7 (Kap.17).

Vz 1 [im Regieren sehr geschickt]  Nach seinem Sieg ist Franco bis zu seinem Tod im Jahr 1975

Vorsteher des spanischen Staates.  Außer der Dauer seiner Zeit an der Spitze des Staates

spricht für sein Geschick im Regieren, dass er das Land aus dem zweiten Weltkrieg heraus-

halten kann, 1/93 Vz 4 (Kap.35).  Im Jahr 1945 sagt er die Wiedereinführung der Monarchie

gesetzlich zu.  Dass er dieses Versprechen dann auch einhält, Vz 4, hat dem Seher besonders

gut gefallen.

Vz 4 [gibt „es“ zurück dem höchst Pflichtvergessenen]  Franco hat angeordnet, dass bei seinem

Tod „es“, das Land Spanien bzw. die Herrschaft über das Land zurückgelegt wird in die Hände

der alten Dynastie.  Dem „treulosen“ oder „pflichtvergessenen“, weil außer Landes gegangenen

König wird das Land zurückgegeben  -  doch nicht Alfonso XIII., sondern dessen Enkel Juan

Carlos, mithin >dem König< als Institution.  Im Jahr 1978 wird Spanien durch ein Referendum

parlamentarische Erbmonarchie.

 

 

        Die Nationalisten/Faschisten siegen

 

09/16    De castel Franco sortira l‘ assemblee,/

L’ ambassadeur non plaisant fera scisme:/

Ceux de Ribiere seront en la meslee,/

Et au grand goulphre desnieront l‘ entree. (1568)

 

Aus (einer) Festung wird Franco die vereinte Armee herausführen./

Der Botschafter nicht angenehm, er wird eine Spaltung bewirken./

Die von Rivera werden dabei sein im Kampfgetümmel./

Dem großen Abgrund werden sie den Eintritt verwehren.

 

1) N.m. castel Schloss, > lat. n.n. castellum Festung, Kastell

Mittelfrz. n.f. assemblee Armee (armée), Schlacht (bataille), Ansammlung

(rassemblement), Zusammenrücken (rapprochement), Zusammenschluss (union).

2) Zum Schisma s. das Glossar unter -> scisme.

3) Die spanischen Buchstaben b und v lauten in der Wortmitte gleich,

Ribiere ist ein französisch abgewandeltes Rivere.

N.f. melée Handgemenge, Schlachtgetümmel.

4) Mittelfrz. n.m. gouffre Abgrund (abîme), Wirbelsturm (tourbillon)

 

 

Vz 4 [großer Abgrund]  Das Ende der Monarchie galt dem Seher als Ur-Katastrophe der modernen

Gesellschaften.  Als in Spanien 1931 die Republik ausgerufen wird, tritt dort der Katastrophenfall

ein.  Es >tut sich der Abgrund auf<, aus dem in der Offenbarung des Johannes (Kapitel 11 Vers 7)

der Drache aufsteigt.

Vz 2 [Botschafter bewirkt Spaltung]  Ähnlich apokalyptisch wird der Regierungswechsel auch

von Teilen der spanischen Generalität gesehen.  Indem sie sich weigern, der aus den Wahlen von

1936 hervorgegangenen neuen Regierung zu dienen, eröffnen sie den Bürgerkrieg.  Zu diesen

Generälen gehört Francisco „Franco“, der in der Kolonie Spanisch-Marokko stationiert ist.  Seine

Revolte gegen die Republik enthält die Botschaft, dass auch im Mutterland die Republik in Gefahr

sei.  Diese Botschaft ist „nicht angenehm“, denn sie bedeutet Krieg.  Der Bürgerkrieg spaltet das

Land in Republiktreue auf der einen und Nationalisten sowie Faschisten auf der anderen Seite. 

Das Wort „Schisma“ bedeutet wörtlich Glaubensspaltung.  Hier macht es deutlich, dass dieser

Krieg auch auf unvereinbare Weltanschauungen zurückzuführen ist.  Es wird also von N. auch

metaphorisch gebraucht, s. scisme im Glossar.

Vz 1 [Franco führt Armee aus Festung heraus]  Am 25.7.1936 wird Franco, der bereits Ober-

befehlshaber der revoltierenden Truppen ist, in der alten Festungsstadt Burgos (castel) von

seinen Kollegen zum Chef einer Gegenregierung ernannt. 

Vz 3 [Die von Rivera dabei ...]  Auf Seiten Francos kämpfen die Truppen der faschistischen

Falange, 1933 gegründet von Juan Antonio Primo de „Rivera“, dem Sohn von Miguel Primo

de „Rivera“, der 1923-30 Militärdiktator gewesen ist.

Vz 4 [sie verwehren dem >großen Abgrund< den Eintritt]  Daran lässt sich ablesen, dass die

Gegner des >großen Abgrundes<, d.h. der demokratischen Republik, also die Nationalisten

und Faschisten, im Kampf die Oberhand behalten werden.

 

 

        Das Ende der demokratischen Republik in Spanien

 

09/78    La dame Grecque de beauté laydique,/

Heureuse faite de procs innumerable,/

Hors translate au regne Hispanique,/

Captiue prinse mourir mort miserable. (1568)

 

Die griechische Dame von abscheulicher Schönheit,/

glücklich gemacht von zahllosen Freiern,/

(wird) exportiert ins spanische Reich./

Gefangen genommen, stirbt sie einen elenden Tod.

 

1) Das Adj. laid, laide häßlich ist reimbedingt abgewandelt zu laydique.

Lais war aber auch der Name zweier Hetären im antiken Korinth

(Pfändler 1996 S. 699). Demnach ist die Schönheit käuflicher Damen

hier gemeint, zu denen die Freier der folgenden Verszeile passen.

2) Lat. n.m. procus Freier, Adj. procax zudringlich, dreist.

3) Mittelfrz. hors auch adverbiell: hinaus (dehors)

 

 

Vz 1 [Die griechische Dame …]  Die „griechische Dame“ ist eine Allegorie des demokratisch

verfassten Staates, weil die Demokratie sich erstmals in den Stadtstaaten des klassischen

Griechenlands durchsetzen konnte.  Die >Dame< bedeutet dabei das Volk, das aus königs-

treuer Perspektive seinem >Herrn<, dem Monarchen, verbunden sein und bleiben müsste.

Vz 3 [… exportiert ins spanische Reich]  Nachdem der spanische König „höchst pflichtver-

gessen“, 6/45 (s.o.), 1931 ins Exil gegangen ist, wird in Spanien die demokratische Republik

ausgerufen.  Die Idee der Volksherrschaft (Demokratie), wird aus dem antiken Griechenland

ex- und nach Spanien importiert.

Vz 2 [… beglückt von zahllosen Freiern]  Die allesamt kurzlebigen gewählten Ministerpräsi-

denten der Republik  -  sieben oder acht sind es in den wenigen Jahren seit 1931 - geraten

allegorisch zu >zahllosen Freiern<, mit denen das spanische Volk >geht<, weil es sich von der

"abscheulichen Schönheit“ der demokratischen Idee betören lässt.  Das >Glück<, das die

Spanier dabei erlebten, hat Nostradamus sarkastisch gemeint.

Vz 4 [… stirbt einen elenden Tod]  Es kämpfen bei großem Verlust an Menschen und unter

Verwüstung des Landes Nationalisten und Faschisten gegen die Anhänger der demokrati-

schen Republik.  Die Republik wird in ihren Hochburgen (Madrid, Barcelona) militärisch

belagert.  Die >schöne Dame< namens Demokratie ist eingeschlossen und wird dann

Anfang 1939 >getötet<, als die Republik untergeht und die Diktatur Francos an ihre Stelle tritt.

 

 

        Entscheid des Bürgerkriegs ein Jahr vor Hitlers Westfeldzug 

 

02/39    Vn an deuant le conflit Italique,/

Germain (!), Gaulois, Hespagnols pour le fort:/

Cherra l’ escolle maison de republique,/

Ou, hors mis peu, seront suffoques morrs. (1555)

 

Ein Jahr vor dem Krieg, dem italienischen,/

deutschen, französischen, (kämpfen) Spanier um die Festung./ 

Einstürzen wird das Schulhaus der Republik,/

wenn sie, außer Wenigen, zu Tode erschreckt sein werden./

 

1) Adj. italique italisch kann im mod. Kontext mit italienisch übersetzt werden.

2) Germain und Gaulois könnten auch Substantive sein, parallel zu Hespagnols,

aber dann wäre der Singular Germain des Urtextes nicht zu erklären.

2) N.f. fort 1. Starker 2. Stärke 3. Festung, Fort.;  s.a. -> forteresse.

4) Das v. suffoquer ersticken wird metaphorisch im Sinne einer atemberaubenden

Überraschung gebraucht und ist etwas freier wiedergegeben.

 

 

Vz 1/2 [ein Jahr vor dem … Krieg kämpfen Spanier um die Festung]  Die Schlacht um die Haupt-

stadt Madrid, die hier wegen ihres langen Belagerungszustands „Festung“ heißt, endet im  M ä r z 

1 9 3 9  mit dem Sieg der Falange unter dem Oberbefehlshaber Franco.  Der Zweite Weltkrieg

beginnt mit dem Überfall auf Polen.  Der Überfall auf Frankreich, dessen Standpunkt N. einnimmt,

beginnt erst im  M a i  1 9 4 0, etwas mehr als „ein Jahr“ nach dem Fall Madrids.

Vz 1/2 [italienischer, deutscher, französischer Krieg]  So heißt hier der zweite Weltkrieg in der

Phase des Frühjahres 1940.  Der deutsche Westfeldzug, der auf die Eroberung Frankreichs zielt,

beginnt im Mai 1940, und am 10.6.1940 erklärt auch Italien Frankreich den Krieg, was N. gesehen

hat, 1/93 (Kap.35).  Man kann einwenden, dass zu dieser Zeit außer den genannten Ländern auch

Skandinavien und Großbritannien schon vom Krieg betroffen sind.

Vz 3 [Schulhaus der Republik stürzt ein …]  Das >Schulhaus der Republik< ist Frankreich, weil

sich die Staatsform einer demokratischen Republik im neuzeitlichen Europa erstmals 1792 in

Frankreich durchgesetzt hat.  In der Schau des Nostradamus ist das Spanien der 1930er Jahre

bei seinem nördlichen Nachbarn >in die Schule gegangen<, als es 1931 seinen König vertreibt

und damit die Lunte eines Bürgerkrieges legt, die fünf Jahre später zündet.  Der >Einsturz des

Schulhauses< ist ein Bild für den Zusammenbruch Frankreichs im Juni 1940.

Vz 4 [… wenn sie, außer Wenigen, zu Tode erschreckt sind]  Die Franzosen der Zwischenkriegs-

zeit haben ihrer defensiven Strategie, 4/80 (Kap.35), ernstlich zugetraut, die Deutschen im

Kriegsfall in einen Stellungskrieg wie 1914ff verwickeln zu können.  Doch es kommt anders.

 

 

„Niemand rechnete .. im Mai 1940 mit einem schnellen Ende der Kämpfe.  Um so

größer war das Erstaunen auf der einen, das Entsetzen auf der anderen Seite, als

die französischen Linien schon nach wenigen Tagen durchstoßen wurden.“

 

               Ernst Hinrichs, Kleine Geschichte Frankreichs, Stuttgart 1997, S. 403

Der südöstliche Teil des Landes, nach dem Waffenstillstand von Vichy aus regiert, bleibt zunächst

unbesetzt.  „Wenige“ Franzosen, ca. ein Drittel der Bevölkerung, sind zunächst nicht direkt von der

Besatzung betroffen.